Charakterkonzepte
Des Königs letzten Jahre auf dem Thron brachten eine Zeit großer Unsicherheit über das Land und viele, die eine Begabung für Magie hatten, verließen die Großstädte, um in weiter entfernten Provinzen Frieden zu suchen. Moleen der Graue und seine Frau, eine Hexe namens Oleza, zogen es vor, ihre Stärke in den ungezähmten Grenzlanden zu beweisen, anstatt sich an den politischen Intrigen der adligen Häuser zu beteiligen.
Das junge Paar ließ sich auf einem Stück Land jenseits der Großstadt nieder, wo sie ihr kleines Haus noch vor dem Winter und der Geburt ihres ersten Kindes fertigstellten. Oleza hatte auf ihrer Reise von den anderen Siedlern viel gehört und war besonders von den Geschichten über die mächtigen Bären, die einst das Land durchstreiften, fasziniert, so dass sie jetzt – hochschwanger – am Kaminofen saß und ein Stofftier nach dem Vorbild jener schützenden Kreaturen nähte. Just in dem Moment, als sie das letzte Knopfauge an dem Stoffbären anbrachte, überkamen sie die Wehen. Moleen bemerkte später, dass seine Tochter äußerst gern mit ihrem Teddy spielte, vermutlich weil Oleza Anor auch am wohlig glühenden Kaminofen auf die Welt gebracht hatte.
Als Anor noch ein Kleinkind war, wurden er und ihr Vater krank. Bei Einbruch der Nacht glühte Anor vor Fieber und schon bald war er so heiß, dass seine Mutter ihn nicht mehr in den Armen halten konnte. Oleza war verzweifelt und entschied, zum nahen Fluss zu gehen, um eiskaltes Wasser zu holen. Am nächsten Morgen erwachte Moleen – durch die Krankheit geschwächt und wackelig auf den Beinen. Im Kinderbett lag eine kerngesunder Anor, der fröhlich mit seinem Stoffbären spielte, doch von Oleza fehlte jede Spur.
Unbedarft wie er war, glaubte Anor fest daran, dass ihre Mutter eines Tages zurückkehren würde. Moleen ertappte den Jungen oft dabei, wie er am Kaminofen im Schaukelstuhl seiner Mutter saß, den Teddy fest umklammert hielt und in das knisternde Feuer blickte, obwohl er sicher war, dass im Kamin nichts weiter als kalte Asche gelegen hatte. Er schrieb diese eigenartigen Beobachtungen jedoch den Anstrengungen zu, die das Leben eines alleinerziehenden Vaters mit sich bringt.
Die Jahre vergingen und immer mehr Siedler ließen sich in der Region nieder. Nach einer Weile traf Moleen auf Brova, die mit ihrer kleinen Tochter Enem außerhalb der großen Stadt ein neues Leben beginnen wollte.
Anor freute sich über die neue Spielgefährtin, als Einzelkind war er jedoch verwöhnt und es fiel ihm schwer, sich in seine neue Stieffamilie zu integrieren. Immer wenn Anors hitziges Temperament aufflammte, wurde Brova unbehaglich zumute und sie schlug sich sofort auf die Seite ihrer Tochter. Moleen fiel es zu, einen wackeligen Frieden zwischen den Dreien zu wahren.
Enem war mit den Gefahren des ungezähmten Grenzlands nicht vertraut, und so endete unbeschwertes Herumalbern für die Familie in einer Katastrophe, als das junge Mädchen von einer Klippe stürzte. Brova machte natürlich Anor für den Verlust ihrer Tochter verantwortlich und konzentrierte ihren Zorn und ihre Trauer auf den wertvollsten Besitz ihres Stiefsohnes: seinen Teddybär. Anor bekam schreckliche Angst, als er das letzte Andenken an seine Mutter bedroht sah. Aus der Angst des Jungen wurde ein ungezügelter Wutanfall, der seine verborgene und mächtige Pyromantie als Mahlstrom der Verwüstung entfachte.
Als die Flammen erstarben und die Aschewirbel zur Ruhe kamen, war Anor verwaist und allein.
Da für Anor die meisten Erwachsenen aus der Stadt wie seine Stiefmutter waren, hielt er sich weiter in den wilderen Teilen des Grenzlandes auf. Ab und zu ließ er sich von einer Siedlerfamilie aufnehmen, um ein warmes Mahl sowie neue Kleider zu erhalten. Doch türmte er stets, ehe eine engere Bindung entstehen konnte.
Eines Nachts schrak Anor auf, hatte er doch etwas gehört. Er sprang von seinem Nachtlager auf und schaute nach. Es war ein junger Bär, der in eine Jägersfalle geraten war. Anor befreite das Jungtier und pflegte ihn, bis er wieder bei Kräften war. Er gab ihm den Namen Sulis und seit diesem Tag sind die beiden ein untrennbares Gespann.
Inzwischen ist Anor erwachsen und die Neugier treibt ihn immer häufiger in zivilisiertere Gegenden – zumeist Zeltlager von Reisenden oder Dorfer und kleinere Ansiedlungen. Sicherlich ist Sulis sein bester Freund und treuer Gefährte, doch sehnt er sich insgeheim nach Gesellschaft, welcher er sein Vertrauen schenken und mit denen er sich richtig unterhalten kann, nicht nur mit Gesten und einfachen Lauten.
Indes beschützt Sulis Anor, während er auf seiner Suche die dunklen Wälder durchstreift und umliegende Siedlungen aufsucht.
Eigentlich sollte eine Heldengeschichte mit einer faszinierenden Kindheit mit Ruhm und Glanz beginnen, doch trifft dies nicht auf Berikoll zu!
Wie viele horasische Adelige suchte auch einst Phrenos A’Vetoa dylli Arkis in der Ferne Abwechslung zum Alltag eines wohlhabenden Händlers und einflussreichen Politikers. So geschah es vor etwas mehr als zweihundert Jahren, dass er auf einer seiner Auslandreisen den Ludus von Kornelio Maximius Nirranor aus Mirham erwarb, der kurz vor dem Ruin stand. Phrenos übernahm diesen und übertrug die Geschäftsführung einem fähigen Lannister namens Sandro Armatio Nobleza, welcher dem Ludus zu neuem Glanz verhalf.
Viele der auszubildenden Gladiatoren waren freie Krieger des Landes, doch die meisten wurden als Unfreie in den Dienst des Ludus überstellt, wo sie gezwungen waren, ihr Blut und größtenteils auch ihr Leben für den Wohlstand der Familie dylli Arkis zu geben.
Um 852 BF erwarb Sandro am Hafen von Al’Anfana eine neue Schiffsladung voller Sklaven, welche er zum Teil beabsichtigte, zu anständigen Gladiatoren auszubilden, wohingegen die schwächeren und somit die meisten von ihnen, zur Belustigung des Volkes in der Arena ihr Blut vergießen und ihr Leben lassen sollten. Unter jenen Sklaven befand sich auch ein Zwergenkind mit einem Namen, den Sandro nicht aussprechen konnte. Allein aus diesem Grund wollte er ihn bereits den Schaulustigen als blutige Gabe darbieten. Als der zwergische Knabe jedoch auf dem Sand der Arena stand, weigerte er sich schlicht, sich von den Hyänen zerfleischen zu lassen, die auf ihn gehetzt wurden. Zwar wurde er schwer verletzt, doch gelang es ihm, alle drei dieser Bestien mit dem zu besiegen, was ihm der Sand der Arena bot – eine Pfeilspitze hier, ein kurzes Stück Kette dort und jede Menge Willenskraft. Anfänglich wart Sandro erbost, dass sich der Junge weigerte zu sterben, wie es für ihn bestimmt war und stattdessen die kostbaren Tiere tötete. Als er jedoch sah, wie die Menge kreischte und ihm durch Beifall Tribut zollte, beschloss er, den Jungen unter seine Fittiche zu nehmen und auszubilden. Da er dessen Namen nach wie vor nicht im Stande war auszusprechen, gab er ihm kurzerhand einen neuen, einprägsameren Namen, welcher bereits beim Aussprechen Kraft und Blutvergießen versprechen sollte – Berikoll.
Viele Jahre lang wurde der Knabe unter den Peitschenhieben seines Meisters ausgebildet, bis er als Jugendlicher erneut den Sand der Arena unter seinen Füßen zu spüren bekam. Zu Beginn stand er einfachen, ungeübten Sklaven gegenüber und Furcht wart in Berikolls Gesicht geschrieben – Furcht zu versagen, Furcht zu sterben. Seine Ausbildung war jedoch sehr gut und so streckte er in den folgenden Sonnenumläufen einen Gegner nach dem anderen nieder. Die Menge grölte seinen Namen, sie applaudierten und dies schmeichelte ihm. Als er das Blutvergießen gewöhnt war, wurde er Verbrechern gegenübergestellt, welche durch seine Hand ihr Leben verlassen sollten. Diese waren zum Teil schnell niedergestreckt, doch gab es inzwischen auch jene, welche sich zur Wehr zu setzen vermochten. Nichtsdestotrotz schickte er einen nach dem anderen in Borons Reich. Sein Können, ein Beil in jeder seiner Hände gleichermaßen tödlich schwingen zu können, brachten ihm bald schon den Beinamen Zweiklinge ein – Berikoll Zweiklinge.
886 BF verstarb Phrenos und vermachte sein Erbe seiner Tochter Hesine A’Efferbaro dylli Arkis und auch Berikolls Mentor Sandro war bereits ein Mann im gehobenen Alter. Als Andenken an Phrenos und zu Ehren seiner Erbin Hesine veranstaltete Sandro drei Tage andauernde Spieler voller Blut und Tod. Nun war es auch für Berikoll an der Zeit, sein Können und wahren Wert zu beweisen. Zum ersten mal in seinem Leben stand er ausgebildeten Gladiatoren eines kontrahierenden Ludus in einem Kampf auf Leben und Tod gegenüber. Er trug viele Verletzungen davon, wart am Ende jedoch siegreich. Die Zeit, in welcher er untrainierte Sklaven und einfache Verbrecher niederstreckte, war für ihn vorbei. Jeder Kampf, den er seitdem auf dem Sand der Arena ausfechten musste, konnte sein letzter sein – zahlreiche Narben und der Verlust seines linken Ohrs zeugen noch heute von jener Zeit.
Die Jahre verstrichen, Berikolls Mentor Sandro verstarb in hohem Alter und auch Hesine schied irgendwann dahin und auch ihren Nachfahren ereilte irgendwann selbiges Schicksal. Die Lebensspanne der Menschen war halt nicht mit der eines Angroschim zu vergleichen.
Berikoll lernte so in den unzähligen Jahren der Sklaverei viele Herrinnen und Herren der Adelsfamilie dylli Arkis als auch viele neue Lannister kennen, von denen einige den Ludus mit Zuckerbrot und Peitsche führten, wohingegen sich andere auf die Peitsche allein verließen. Da Berikoll dem Haus dylli Arkis allerdings stets treue Dienste erwies und ihre Börsen prall füllte, genoss er ein besonderes Ansehen, welches mit Annehmlichkeiten entlohnt wurde, welche anderen Sklaven verwehrt blieben. So hatte er irgendwann sogar sein eigenes Zimmer im Ludus, welches er nicht mehr mit anderen Sklaven teilen musste und bekam anständige Mahlzeiten, anstelle sich mit den anderen um ein halbes Dutzend Leiber Brot zu bekriegen.
Vor nunmehr 20 Jahren lernte er die junge Heptesilea A’Erae dylli Arkis kennen, welche inzwischen der Adelsfamilie vorstand. Gemeinsam mit dem derzeitigen Lannister Morisca Malagrei unterbreitete sie Berikoll ein Angebot. Bestünde Berikoll weitere einhundert Arenakämpfe, aus denen er als Sieger hervorginge, würde ihm die Freiheit als auch eine stattliche Abfindung zu Teil. Im Gegenzug solle er jedoch hin und wieder abseits der Arena für die Adelsfamilie dylli Arkis Kämpfe im Verborgenen bestreiten, von denen nie jemand erfahren dürfe. Ohne mit der Wimper zu zucken, willigte Berikoll dem Handel ein und er war erfolgreich, sowohl in der Arena, als auch bei seinen geheimen Missionen. Vor knapp 8 Jahren trug er endlich seinen einhundertsten Kampf auf dem Sand der Arena aus, aus dem er erneut als Sieger hervorging – der Geschmack von Blut und Freiheit vermengten sich in seinem Mund, als er den finalen Schlag ausführte. Wie üblich wurde er nach dem Kampf in Ketten gelegt und in seine Zelle des Ludus überführt. Am Abend erschienen, wie vereinbart, die horasiche Adelige Heptesilea A’Erae, der Lannister Morisca als auch einige Wachen. Berikoll freute sich bereits auf ihren Besuch, verhieß er ihm doch die Freiheit zu kosten, doch es kam anders. Die Wachen packten Berikoll, ketteten ihn an und geleiteten ihn nach draußen, wo bereits ein Käfigkarren und weitere Wachleute auf ihn warteten. Er verstand nicht, was gerade geschah und als man ihn in den Käfig sperrte, rief er nach Heptesilea A’Erae und Morisca, welche ihm nur einen herablassenden und abschätzigen Blick zuwarfen, als der Karren sich in Bewegung versetzte.
Anstelle ihn in die wohlverdiente Freiheit zu führen, brachte man Berikoll zum Al’Anfaner Malinche Bethania Bonareth, welcher in Mirham einen Ludus unter der Führung der Lannista Diantha du Berillis unterhielt. Man lud ihn aus und sperrte ihn zu einem Haufen stinkender anderer Sklaven, bei denen er die restliche Nacht verbrachte. Am darauffolgenden Morgen wurden die Sklaven in den Hof des Ludus geführt, wo sich ihnen Diantha als ihre neue Herrin im Auftrag von Malinche Bethania vorstellte. Berikoll verstand nicht recht und forderte sie auf, ihm zu erklären, was er hier zu suchen hat, habe man ihm doch die Freiheit versprochen. Als Antwort erhielt er ein lautes Lachen, gefolgt mehreren heftigen Peitschenhieben, welche als bleibendes Andenken tiefe Schnitte in seinem Leib hinterließen. Dann erklärte Diantha den anwesenden Sklaven, darunter Berikoll selbst, dass sie nun von ihr ausgebildet würden und ihr Blut für Malinche Bethania in der Arena vergießen würden. Dann wandte sie sich erneut Berikoll zu und sagte ihm, dass sie nichts von einem Handel, welcher ihm die Freiheit deutete, gehört hat, lediglich, dass Ihr Herr ihn am Abend seines letzten Sieges von einer Frau namens Heptesilea A’Erae dylli Arkis erstanden habe, um ihn wie versprochen von den horasischen Ketten zu befreien. Nun erst begriff Berikoll, dass er verraten wurde. Zwar befreite man ihn von den horasischen Ketten, was als eine Art der Freiheit gedeutet werden konnte, doch war es eher ein Tausch jener Ketten gegen neue, nun al’anfanische.
In den darauf folgenden Jahren trug er erneut zahlreiche Kämpfe in der Arena aus, vergoss das Blut seiner Feinde wie auch sein eigenes und mehrte so das Vermögen seines neuen Besitzers. Die Annehmlichkeiten seines alten Ludus vermisste er sehr, war er doch nun wieder Einer von Vielen, der keine Privilegien wie ein eigenes Zimmer oder anständige Mahlzeiten genoss.
Nicht selten kam es vor, dass er sein Essen, welches ihm zugestanden wurde, vor anderen hungrigen Sklaven verteidigen musste.
Immer wieder wurde Berikoll gezwungen mit anderen Gladiatoren Seite an Seite gegen jene eines anderen Ludus zu kämpfen. Zwar lernte er dadurch, sich auf andere verlassen zu müssen, zugleich bedeutete dies jedoch ein gewisses Risiko für ihn, da nicht alle mit denen er gemeinsam einen Feind entgegensah ebenso gut ausgebildet waren, wie er selbst.
Auch konnte er nicht alle von ihnen gleichermaßen leiden, doch den horasichen Sklaven Lanata di Mirafira lernte er hassen, erinnerte er ihn doch stets an seine bisherige Verbindung zum Horasreich und seinen ehemaligen Ludus. Als dieser ihm dann auch noch einen Teil der Beute, welche ihnen für den gemeinsamen Sieg auf dem Sand zugestanden wurde, vorenthalten und sich selbst aneignen wollte, reichte es Brodwin. Er wies ihn zurecht und als er nicht reagierte, stürzte Berikoll sich auf den Betrüger und schlug ihn bewusstlos, achtete jedoch darauf, ihm als Andenken wenigstens ein halbes Dutzend Knochen zu brechen, eher er wieder von ihm abließ. Dann nahm er sich seinen Anteil, nicht jedoch mehr, und lies den schwer Verwundeten zurück – stark angeschlagen wie dieser nun war, überstand er seinen kommenden Kampf in der Arena nicht und fand dort sein verdientes Ende.
Verbitterung und Rachedurst breiteten sich in ihm aus und er schwor sich, eines Tages die Freiheit zu erlangen und die horasische Adelsfamilie dylli Arkis mit eigenen Händen zu Fall zu bringen.
Vor knapp zwei Jahren trugen er, 4 weitere Gladiatoren seines Ludus und mindestens vier Dutzend Gladiatoren anderer Herkunft ein langes, blutrünstiges Spiel auf dem Sand der Arena aus. Erst nach fast sieben Stunden ging er als einziger Überlebender und somit als Sieger aus dem Schauspiel hervor. Die Menge tobte, applaudierte und feierte ihn als Sieger. Die Frau, zu dessen Ehren die Spiele ausgetragen wurden war für ihn zu Beginn nur eine weitere Fremde aus Al’Anfana, doch sollte er sich ihr Gesicht und ihren Namen nun für immer einprägen – Sangrita Ulpia de Sylphur. Noch ehe das Toben der Menge verebbte erhob sie sich von ihrem Logensitz und verbeugte sich anerkennend vor Berikoll. Dann hob sie die Hand und deutete so der Menge, den lauten Beifall zu drosseln. Als Stille einkehrte, sprach sie die Worte, auf die Berikoll so lange gewartet hatte und an die er kaum noch zu glauben vermochte. Es waren ihre Worte, welche ihm die Freiheit schenkten. Sein Sklavenmarl wurde noch in der Arena, vor allen Anwesenden ausgebrannt – ein Schmerz, den er nur zu gerne ertrug. Dann überreichte man ihm auch noch eine kleine Schatulle, in welcher sich Münzen, sehr viele Münzen befanden und geleitete ihn in die Freiheit. Das Publikum war nicht mehr zu bändigen und während Berikoll die Arena als Freier Mann verließ hörte er hinter sich das mit jedem Schritt leise werdende Geschrei und die feierliche Stimmung der Menge.
In den letzten Jahren verbrachte Berikoll viel Zeit in der in Mirham ansässigen Korkirche, welche sich seiner annahm ihm dabei half, in Freiheit zurecht zu kommen und diese wertzuschätzen.
Heute ist Berikoll ein begehrter Söldner, dessen Name nicht nur durch seine Zeit in der Arena geprägt ist. Seine Auftraggeber schätzen ihn, sowohl wegen seines Können als auch seiner Loyalität und so erfüllt er Kors willen überall dort, wohin er entsandt wird. Er ist sich auch nicht zu Schade seine Dienste als Scharfrichter feilzubieten, da dies kaum jemand übernehmen mag. Die Weihe erhielt er jedoch nie, da seine grundlegenden Prinzipien und sein Moralkodex zuweilen doch von denen der Korkirche abweichen.
Prinzipientreue (Moral- & Verhaltenskodex)
Berikoll folgt seinem eigenen Moral- und Verhaltenskodex, welcher stark durch die Lehren seines ersten Lannisters Sandro Armatio Nobleza und den Grundzügen der Korkirche geprägt wurde.
Er ist wenig kompromissbereit, weder sich selbst noch anderen gegenüber und wird stets versuchen, seine Prinzipien einzuhalten. Dabei agiert er jedoch nicht selbstzerstörerisch und kopflos, sondern wird, wenn sein Überleben oder das Gelingen seiner Mission davon abhängt oder einer seiner Grundsätze in Konflikt mit seinen anderen Prinzipien und Verpflichtungen gerät, bereitwillig von diesem Kodex abweichen.
Auf Grund seines eigenen Moral- und Verhaltenskodex wird Berikoll …
…sein eigenes Überleben, dann den Schutz seiner wahren Freunde und Kampfgefährten, gefolgt vom Erfolg seiner Mission über alles andere stellen.
…immer versuchen, sein Ehrenwort zu halten.
… wird Schändungen und Verrat unterbinden und den Bruch von Verträgen, Vereinbarungen und einem gegebenen Wort mit gnadenlosem Zorn ahnden.
…mit anderen zusammenarbeiten, selbst wenn er jene verachtet, um seine eigenen Ziele, wie die Erfüllung einer Mission, zu erreichen.
…Selbstdisziplin und Ehre respektieren – wobei die Ehre für ihn im Sieg und nicht im Kampfverhalten selbst liegt.
…niemals willentlich Unschuldige verletzen oder töten, sofern es nicht für die Erfüllung seiner Mission erforderlich ist.
…niemals aus Spaß foltern oder töten und sich nicht auf Folter allein verlassen als auch diese nur als letzten Ausweg anwenden.
…bei Niederlage oder Fehlverhalten Kor von seinem Blut opfern. Ist er siegreich, ist es das Blut der Feinde oder von Tieren, dass er zu seinem Schutzpatron schickt.
…Herausforderungen annehmen und dem ständigen Streben nach einem guten Kampf nachgehen.
…nicht um Gnade flehen und gewährt sie nur äußerst selten.
Selbstverständlich erwartet Berikoll nicht von jedem, dass sie sich ebenso “ehrenhaft“ verhalten, wie er sich selbst sieht. Tun sie dies jedoch nicht, wird er ihnen nie wahren Respekt zollen. Grundlegende Erwartungen an Andere hat er jedoch schon. Gerade das Einhalten eines gegebenen Ehrenwortes oder von Verträgen und Vereinbarungen, sei es mündlich oder schriftlich, sind ihm besonders wichtig. Wer diese ihm gegenüber bricht, der zieht Berikolls Zorn auf sich, was zumeist mit Blut abgegolten wird.
Brodwin wurde als Sohn von Arnica und Osward Herminius zum Wolfenmoor in Greifenfurt im Mittelreich geboren.
Seine Mutter Arnica wurde als Herminius zum Wolfenmoor geboren. Sie ist eine Rondrageweihte des wiederaufgebauten Rondra-Tempels in Greifenfurt, welcher mit seiner Rondra-Burg Teil der Stadtbefestigung im Stadtteil Perainehof ist.
Sein Vater Osward wurde als Glimmerdieck geboren und stammt ursprünglich aus Al’Anfas, wo er dem Tempel des Mantikors als ein dem Kor geweihter Söldner zu Diensten war. Bei seiner Hochzeit nahm er den Namen seiner Frau Herminius zum Wolfenmoor an und verließ die Heimat, um bei Arnica zu leben.
Seine Kindheit und Jugend verbrachte Brodwin in Greifenfurt, in der Obhut seiner Mutter als auch des ansässigen Rondra-Tempels. Seine Mutter präferierte für ihn stehts den ehrenhaften Weg des Rondrageweihten, den Weg, welchen sie selbst auch einschlug.
Früh zeigte er außerordentliches Geschick für en Kampf, doch mit der profanen Bildung tat er sich oftmals sehr schwer, auch das Einhalten geltender Regeln und beilegen von Auseinandersetzungen, ohne dabei die Fäuste zu gebrauchen, fielen ihm schwer. Nicht selten wurde seine Mutter in den Tempel zu den Ausbildern beordert, wo ihr mittgeteilt wurde, das Brodwin erneut einen seiner Kommilitonen angriff und ihnen zum Teil schwer zusetze.
Als Brodwin 15 Jahre alt war, spottete eine seiner Kommilitoninnen – Lamea Ehrenstein zu Weidenhaven am Grünwipfel – über seine Mutter, da diese keinem edlen Adelshaus entstamme, wie sie selbst und daher nur von geringerem Wert sei. Brodwin sah rot und stürzte sich auf sie. Blaue Flecke waren das eine, doch eine gebrochene Nase als auch vier geprellte bis angebrochene Rippen konnten seine Ausbilder nicht mehr billigen. Brodwin wurde dem Tempel verwiesen und seine Ausbildung unvollendet abgebrochen.
Arnica holte ihren Sohn vom Tempel ab und verlor auf dem Heimweg kein einziges Wort mit ihrem Spross, aus Angst, etwas sagen zu können, was sie später bereute. Daheim angekommen verlangte sie von Brodwin auf sein Zimmer zu gehen und dort zu verweilen, bis er gerufen würde.
Als Osward am Abend von einer langen Reise heimkehrte, er war als Söldner und Kopfgeldjäger tätig, wurde ihm direkt von den Geschehnissen berichtet, eher der seine Stiefel ausziehen konnte. Brodwin konnte hören, wie seine Eltern stritten, sehr laut stritten. Arnica machte Osward und seinen Einfluss für das Verhalten ihres Sohnes verantwortlich, von ihr könne er dies schließlich nicht abgeguckt haben. Irgendwann war das laute Knallen einer zuschlagenden Tür zu hören und dann wart es ruhig im Haus, zu ruhig. Einige Augenblicke später vernahm Brodwin das Schluchzen und Weinen seiner Mutter. Als er zu ihr ging, wandte sie sich von ihm ab und deutete ihm, zurück auf sein Zimmer zu gehen, da sie sein Antlitz derzeit nicht ertragen könne. Zurück in seinem Zimmer angekommen, der Stille und Einsamkeit ausgesetzt, bedauerte er allmählich sein Handeln. Sicherlich hatte Lamea einen ordentliche Tracht Prügel und zurechtstutzen verdient, doch diesmal, so war er sich nun sicher, ging er zu weit. Spätestens, als sie regungslos am Boden lag, hätte er von ihr ablassen und nicht weiter auf sie einschlagen sollen, bis ihr einst hübsches Gesicht gänzlich verunstaltet war.
Nach einer für sicherlich alle Beteiligten sehr unruhigen Nacht, stand am Morden Osward in der Tür zu Brodwins Zimmer und forderte ihn harsch auf, Gepäck für eine lange Reise zu verstauen. Er solle jedoch nicht zu viel einpacken, da er es selbst tragen solle. Dann ließ er ihn mit diesen Worten allein in seinem Zimmer zurück und Brodwin tat, was sein Vater von ihm verlange.
Brodwin, gerüstet für eine lange Reise, betrat die Küche, wo seine Eltern bereits auf ihn warteten, und ihm deuteten, am Esstisch platz zu nehmen. Arnica richtete ihre Worte an ihren Sohn und teilte ihm mit, dass er für eine lange Zeit die Heimat verlassen müsse, um mit seinem Vater zu reisen und dessen “Handwerk“ zu erlernen – was Rondra nicht bändigen konnte, gelingt vielleicht ihrem Sohn Kor. Dann stand sie auf, schloss Brodwin in ihre Arme und drückte ihn fest an sich, sehr lange und er merkte, wie ihre Tränen seinen Haarschopf und seinen Hals benetzten. Er hatte das Gefühl, als sei dies ein Abschied für eine sehr lange Zeit, wenn nicht sogar für immer.
Osward und Brodwin verließen die Heimat und reisten zuerst in nord-westlich, dann die Ausläufer der Kohmwüste entlang nach Osten. Von dort aus wieder in eine andere Richtung, um einen Auftrag nach dem nächsten anzunehmen und zu erfüllen. Auf ihren Reisen lehrte sein Vater ihm alles, was er über den Kampf wusste, aber auch, was Ehre und Grundprinzipien bedeutet!
Nach knapp einem Jahr fragte Brodwin seinen Vater, ob und wann sie in die Heimat zurückkehren würden. Zuerst schwieg Oswald, doch am Abend beim Lagerfeuer offenbarte er seinem Sohn, dass er und Arnica beschlossen haben, künftig getrennte Wege zu gehen und das Brodwin bei ihm besser, als bei seiner Mutter aufgehoben sei. Ein langes Schweigen zwischen beiden setzte ein und überdauerte selbst den folgenden Tag. Erst, als beide einem Gesuchten gegenüberstanden und bei dessen Überwältigung auf den anderen angewiesen waren, brach das Schweigen.
Sie wurden in den folgenden Jahren zu einem eingeschworenen Team und bei ihren Auftraggebern zu geschätzten Söldnern und Kopfgeldjägern – von ihrer Beute hingegen wurden sie gefürchtet. Man sagte ihnen oft nach, lieber Geld für einen Kopf, als für Gefangene einstreichen zu wollen.
Inzwischen war Brodwin 25 Jahre alt und die Unterweisungen seines Vaters hatten sowohl seinen Leib als auch seinen Geist gestählt. Er lernte von ihm sogar einige der Liturgien des Kor zu meistern und dessen Kodex wertzuschätzen.
Auf der Suche nach drei geflohenen Häftlingen durchstreiften die beiden die streitenden Königreiche, bis sie jene endlich ausfindig machen konnten. Als sie ihre Beute gerade übermannen wollten, mussten sie feststellen, dass sie in einen Hinterhalt geraten waren, der zwar nicht für sie gedacht, dennoch äußerst effizient war. Sie mussten sich nicht nur den drei Flüchtigen, sondern auch zwei weiteren Wegelagerern stellen, welchen sie sich inzwischen angeschlossen hatten. So hatten sie es nicht nur mit dreien, sondern mit nunmehr fünf Gegnern zu tun. Es entbrannte ein hitziges Gefecht und sie erschlugen einen Gegner nach dem anderen. Im Eifer des tobenden Auseinandersetzung verlor Brodwin seinen Vater kurz aus den Augen und als er ihn wieder erblickte, lag er von einem Kurzschwert aufgespießt auf dem Boden und schien sich nicht mehr zu rühren. Brodwins Blut kochte und er kämpfte wie ein Berserker, bis alle Feinde bezwungen waren und regungslos in ihren eigenen Blut vor ihm auf dem Boden lagen. Schnell eilte er zu seinem Vater. Er war nicht tot, noch nicht, doch lag er im Sterben, soviel stand für Brodwin fest. Oswald griff nach seiner Hand, auch er war sich dem nahen Ende bewusst und so sagte er seinem Sohn lebe wohl als auch, wie stolz er auf den Mann ist, welcher aus ihm wurde. Dann griff er mit seiner Hand in eine seiner klaffenden Wunden, stich das Blut auf seinen Korspieß, überreichte ihn seinem Sohn und sprach die Worte, welche ihm die Weihe verlieh. Zufrieden lächelte er, während er ins Reich Borons übertrat. Brodwin blieb noch eine Weile regungslos neben seinem Vater knien, dann legte er seine linke Hand auf einen der herumliegenden Findlinge, griff nach seinem Dolch und trennte seinen kleinen Finger von der Hand. Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff er nach dem Finger, hielt ihn hoch und huldigte Kor mit seiner Opfergabe, ehe er seine Wunden versorge und seinen Vater begrub.
In den darauf folgenden Jahren ging Brodwin weiter dem erlernten “Handwerk“ nach und schloss sich, wann immer nötig, anderen Söldnern an, um seine Missionen zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Nicht alle von ihnen konnte er leiden, doch den horasichen Söldner Lanata di Mirafira lernte er hassen. Als dieser ihm dann auch noch einen Teil der Beute einiger Wegelagerer vorenthalten und sich selbst aneignen wollte, obgleich zuvor eine gleichmäßige Verteilung vereinbart war, reichte es Brodwin. Er wies ihn zurecht und als er nicht entsprechend den Vertragsvereinbarungen reagierte, stürzte Brodwin sich auf den Vertragsbrüchigen und schlug ihn bewusstlos, achtete jedoch darauf, ihm als Andenken wenigstens ein halbes Dutzend Knochen zu brechen, eher er wieder von ihm abließ. Dann nahm er sich seinen Anteil und lies den schwer Verwundeten zurück – bewusstlos am Rande des Waldes war er später ein gefundenes Fressen für hungrigen Raubtiere.
Brodwin beabsichtigt, irgendwann nach Al’Anfa in den Stadtstaaten Miridians, zum Tempel des Mantikors zu reisen und als Geweihter des Kor dort seinen Tribut zu zollen. Wenn ihn die Jahre eines Tages eingeholt und das Alter ihn übermannt, so plant er bereits jetzt, eine Kampfschule zu eröffnen, um dort Krieger und Söldner in der Kampfkunst als auch mit den Grundsätzen und Prinzipien des Kor auszubilden.
Persönlicher Verhaltenskodex
Brodwin folgt strengen religiösen Beschränkungen. Er wird stets versuchen, diese Prinzipien einzuhalten. Lediglich wenn das Gelingen seiner Mission davon abhängt oder einer seiner Grundsätze in Konflikt mit seinen anderen Prinzipien und Verpflichtungen gerät, wird Brodwin bereitwillig von seinem Moral- und Verhaltenskodex abweichen.
Er ist wenig kompromiss-, aber sehr opferbereit. Schon bei der Weihe hat er seinem Herrn einen Finger dargebracht.
Auf Grund seines eigenen Moral- und Verhaltenskodex wird Brodwin…
…bei Niederlage oder Fehlverhalten von seinem Blut opfert. Ist er siegreich, ist es das Blut der Feinde oder von Tieren, das er zu Kor schickt.
…nicht um Gnade flehen und gewährt sie nur äußerst selten.
…Heilmagie und andere Hilfe ausschlagen, um ganz seine eigene Kraft in die Waagschale zu werfen. Dies stärkt nur seine Wirkung als Inspiration und strenger Richter.
…Herausforderungen annehmen und dem ständigen Streben nach einem guten Kampf nachgehen.
… sich um Söldner und Gladiatoren sorgen, insbesondere um die Einhaltung ihrer Verträge sowie das richtige Verhalten auf dem Schlachtfeld – wobei die Ehre im Sieg, nicht im Kampfverhalten selbst liegt. So wird er Schändungen und Verrat unterbinden und den Bruch der Söldnerehre mit gnadenlosem Zorn ahnden.
…immer versuchen, sein Ehrenwort zu halten.
…mit anderen zusammenarbeiten, selbst wenn er jene verachtet, um seine eigenen Ziele, wie die Erfüllung einer Mission, zu erreichen.
…niemals aus Spaß foltern oder töten und sich nicht auf Folter allein verlassen als auch diese nur als letzten Ausweg anwenden.
…niemals willentlich Unschuldige verletzen oder töten, sofern es nicht für die Erfüllung einer Mission erforderlich ist.
…Selbstdisziplin und Ehre respektieren – wobei die Ehre für ihm im Sieg und nicht im Kampfverhalten selbst liegt.
Selbstverständlich erwartet Brodwin nicht von jedem, dass sie sich ebenso ehrenhaft verhalten, wie er selbst. Tun sie dies jedoch nicht, wird er ihnen nie wahren Respekt zollen. Grundlegende Erwartungen an Andere hat er jedoch schon. Gerade das Einhalten eines gegebenen Ehrenwortes oder von Verträgen, sei es mündlich oder schriftlich, sind ihm besonders wichtig. Wer diese ihm gegenüber bricht, der zieht Brodwins Zorn auf sich, was zumeist mit Blut abgegolten wird.
Moralkodex der Korgeweihten
Guter Kampf und Gutes Gold: Korgeweihte lehnen zwar nicht immer Heilmagie ab, aber sie bevorzugen es, darauf zu verzichten. Zudem lässt sich jeder Korgeweihte seine Dienste nach den Richtlinien des Khunchomer Kodex bezahlen. Haben Korgeweihte erst einmal einen Vertrag unterzeichnet, sind sie ihrem Auftraggeber gegenüber loyal und bestrafen z.B. auch Deserteure der Einheit, der sie dienen.
Der Khunchomer Kodex ist ein Vertragswerk, das die Besoldung, Rechte und Pflichten von Söldnern detailliert reguliert. Er wurde 302 BF von Ghorio Dorgulawend von Khunchom, dem einzigen Heiligen der Kor-Kirche, gestiftet und wird seitdem vom Hüter des Kodex in Khunchom verwaltet und gepflegt. Im Khunchomer Haus des Kodex befindet sich auch die Urschrift des Kodex.
Gnadenlosigkeit: Ein Geweihter des Kor jammert nicht um Gnade. Ob er jemandem Gnade gewährt, muss er selbst entscheiden.
Söldnerehre: Der Korgeweihte achtet die Regeln des Krieges und hält sich an die Söldnerehre. Er geht gegen Schändungen (sowohl von Menschen als auch Dingen) vor, da es die Söldnerehre verbietet (Plünderungen sind jedoch erlaubt, da es hierfür Richtlinien im Kodex gibt). Auch ist er verantwortlich für Kors Gefolgsleute (Söldner und Gladiatoren) und tritt für deren Rechte ein.
Ennio, geborener dylli Eskos, wurde in die Straßen Belhankas hineingeboren. Seine Eltern verstarben, als er noch sehr jung war.
Wie viele andere Straßenkinder auch, schloss er sich einer Gruppe zwielichtiger Gesellen an. Diese nutzten die Kinder für ihre Zwecke und boten ihnen im Gegenzug einen Schlafplatz und das Nötigste zum Überleben. Mit den anderen Kindern erleichterte Ennio zahlreiche Reise um deren Börse, brach in Häuser ein und raubte diese aus oder ging betteln.
Als Ennio knapp 10 Jahre alt war, fanden Ihn Arsella und Zandor Aleistos am Tempel der Rhaja, wo er um Almosen bat.
„In Belhanka steht nicht umsonst der Haupttempel der Göttin Rahja. Die Horasier gelten als das wohl aufgeklärteste Menschenvolk Aventuriens und im Lieblichen Feld werden regelmäßig Liebesspielzeuge hergestellt, Schundromane gedruckt und erotische Kunst bewundert. Zudem ist das Kurtisanen- und Mätressenwesen hoch angesehen.“
Den beiden gefiel, mit welchem Charm Ennio beim Betteln vorging, und boten ihm an, ihn unter ihre Fittiche zu nehmen. Da ihm diese Option besser als das raue Leben auf der Straße schien, wo er jeden Tag aufs Neue um sein Überlegen kämpfen musste, ergriff Ennio die sich ihm gebotene Chance, ohne weitere Fragen zu stellen.
Arsella ist als Priesterin im Haupttempel der Göttin Rahja tätig und ihr Mann Zandor arbeitet als Diplomat am horasischen Hof als auch als Händler für Wein und exotische Gewürze.
Ennio empfand schnell große Zuneigung zu den beiden, kümmerten sie sich doch liebevoll um ihn, wie sie es auch für ihren eigenen Sohn getan hätten, welcher ihnen bereits im Kindbett durch Borons Hand entrissen wurde. Als Ennio 13 wurde, adoptieren sie ihn schließlich und präsentierten ihn überall in der Öffentlichkeit, als auch im Tempel und am Hofe. Ennio ahnte jedoch nicht, dass mehr dahintersteckte. In den Adelskreisen gilt es als unschickt, keine Erben zu haben und so diente Ennio seinen „Eltern“ mehr als Vorzeigeobjekt, als dass sie ihn wirklich als ihr Kind annahmen. Da er jedoch keine Kindheit in der Obhut wahrer Eltern genoss, erkannte er dies nicht und fühlte sich daher äußerst wohl und geborgen bei den Aleistos. Er genoss die Ausflüge in ferne Länder, das Theater, die Oper und all die anderen Annehmlichkeiten, welche ihnen geboten wurden. Selbst den Unterricht bei seinen Privatlehren (Fechten, Reiten, Geschichte, Mathematik usw.) fand er gut, denn er spürte, das aus ihm eines Tages mehr werden könne, als ein Kind der Gosse – Ennio war sehr wissbegierig, in jeder Hinsicht!
Seine Kontakte zu jenen Straßenkindern, mit denen er bislang die meiste Zeit verbrachte, rissen jedoch nicht ab. Heimlich ließ er ihnen Essensreste und die ein oder andere herrenlose Münze zukommen, welche er daheim fand. Allerdings weigerte er sich, die Aleistos gänzlich auszurauben, wenn ihm einige der älteren Mitglieder seiner damaligen Gruppe dies auftrugen. Daher war er oft gezwungen, seine neuen Eltern zu belügen, wenn sie ihn auf seine Blessuren und Verletzungen ansprachen. Ennio war schon immer sehr wortgewandt und vermochte die Wahrheit zu seinen Gunsten zu biegen, ohne seine gespielte Mimik zu verändern. So blieb es ein wohl gehütetes Geheimnis, dass seine Kontakte in die „Unterwelt“ nie abrissen.
Eines Nachts, als Ennio bereits 14 Jahre alt war, blitze und donnerte es dermaßen stark, dass er zum Zimmer seiner „Eltern“ ging und deren Schutz aufsuchen wollte. Die Tür stand einen Spalt weit offen und er beobachtete Arsella und Zandor beim Liebesspiel. Die beiden bemerkten Ennio direkt, ließen es ihn jedoch nicht spüren, sondern frönten weiter ihrem Liebesakt, angespornt von seinen Blicken, welcher ihre voyeuristischen Triebe befriedigte.
Von da an suchte Ennio fast jede Nacht das Schlafgemacht seiner „Eltern“ auf, deren Tür nun stets einen Spalt offenstand. Es kam nicht selten vor, dass Arsella und Zandor noch weitere Personen zu ihren Liebesspielen dazu luden – Freunde, Bekannte, Bedienstete oder extra für diese Anlässe angeworbene Dienstleistende.
Eines Nachts jedoch, als Ennio fast 15 Jahre alt war, blickten sie zur Tür herüber. Ennio erstarrte vor Angst, er bekäme nun Ärger, doch es geschah ganz anders. Arsella winkte ihm zu und lud ihn ein, an ihrem Bett Platz zu nehmen und alles aus der Nähe zu beobachten. Einige Wochen darauf begannen sie sogar, ihn in ihren Akt mit einzubeziehen.
Für Ennio war diese Zeit etwas ganz Besonderes, doch für die Horasier sind Orgien, Bisexualität und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nichts Außergewöhnliches.
Seine Ursprünge hat das Wort Orgie im Aureliani, dem Altgüldenländischen. Horasischen Historikern zufolge bezeichnete es bis in die Zeit der ersten Horaskaiser ausschließlich Feste, die zu Ehren der Göttin Rahja veranstaltet wurden. Doch mit der Ausdehnung des Alten Reiches und der Stadt Bosparan setzte eine Wandlung des Begriffs ein, der bald alle Zusammenkünfte beschrieb, die sich durch rauschhaftes Erleben und sexuelle Freizügigkeit auszeichneten – eine Deutung, die inzwischen in viele Kulturen und Sprachen Einzug gehalten hat. In neuester Zeit werden die Besucher einer Orgie zu Ehren des Widdergottes Levthanier genannt.
Als Ennio 16 Jahre alt wurde, veranstalteten Arsella und Zandor (augenscheinlich) ein Fest zu seinen Ehren – eigentlich ging es ihnen jedoch eher darum, selbst mehr in den Mittelpunkt der gehobenen Gesellschaft zu rücken. Es war eine wahrlich prunkvolle Feier mit exotischem Essen aus allen Ländern, Musik und Vorführungen. Als die Mitternachtsstunde schlug, wandelte sich die Feierlichkeit schließlich in eine geschmackvolle Orgie, die erste, nicht jedoch die letzte, welche Ennio kennenlernte. Er brachte sich überall ein und sein tugendhafter Charm, seine Neugier und Offenheit machten ihn schnell bei allen sehr begehrt.
Für Arsella und Zandor, aber auch für Ennio selbst, zahlte sich seine Geburtstagsfeier aus. Vortan wurden sie zu allen größeren Banketts und Veranstaltungen geladen, welche nicht selten in einer vergleichbaren Orgie endeten.
Als die drei jedoch erstmals auf ein “Fest“ von Lastrato Drival geladen wurden, strotzen Ennios „Eltern“ nur so voller Stolz. Er konnte sogar ein paar Fetzen eines Gesprächs zwischen Arsella und Zandor aufschnappen: „Was immer du dir vorstellen kannst, du wirst es auf dem Fest von Lastrato Drival antreffen. Seine Orgien sind berühmt und selbst Granden lassen ihn auf den Silberberg, damit er ihre Räumlichkeiten für die nächste extravagante Veranstaltung herrichten kann. Dir sollte aber klar sein, dass das nichts für fromme Travianovizinnen ist. So manche alte Grandin wird dir an den Arsch fassen – und das ist noch das Harmloseste, was mit einem passieren kann.“
Die Horasier sind nicht nur Freunde hinreißender Frisuren auf dem Kopf, es gibt sogar Schamhaarfriseure für das Lieblichenfeld, die ihren Kunden ausgefallene Muster stutzen, beispielsweise magische Zeichen oder Göttersymbole. So schmückte auch Ennio sich entsprechend, um für das anstehende Fest ansehnlich und noch begehrenswerter zu sein. Auf dem Fest selbst war Ennio der Star schlechthin. Später beschrieb man ihn mit „jung, attraktiv, neugierig, kreativ, potent“ und vielen weiteren Subjektiven.
Seitdem gab es kein größeres Fest mehr, zudem Arsella, Zandor und Ennio nicht eingeladen wurden. Ennios Eltern waren stolz auf ihn, oder zumindest auf den positiven Einfluss, den er auf deren gesellschaftliche Stellung ausübte. Sie überschütteten ihn mit allen Vorzügen, welcher der Adel seinen gehobenen Mitgliedern nur bieten kann, wobei Gold nur ein marginales Beispiel ist.
Selbst die Levthansmorchel lernte Ennio kennen und schätzen. Ein Pilz, der vor allem im Horasreich wächst, vereinzelt jedoch aber in ganz Aventurien anzutreffen ist und die Potenz als auch Fruchtbarkeit steigern soll. Ennio hört einst jemanden auf einer der Feste über die Morchel sprechen: „Kochen kann man damit natürlich auch, keine Frage! Seine wahre Kraft entfaltet der Ingrim jedoch beim Liebesspiel. Ihr schält die Wurzel sorgfältig, und dann ab in den Allerwertesten damit! Jetzt schaut mich doch nicht so entsetzt an, Euer Hochwohlgeboren. Es mag ein wenig brennen, aber die wohlige Wärme, die Ingerimms Erdgabe in euch hervorruft, wird die Flammen der Lust hernach umso höher lodern lassen. Nur keine falsche Scheu! Ihr könnt aber auch Euer bestes Stück damit einreiben, sodass Euer Sozius auch etwas davon hat.“
Niemand sollte Ennio aber darauf reduzieren, dass er die rahjanischen Wünsche von anderen erfüllt. Durch seine Ausbildung und seine Vergangenheit ist er in der Lage, seine Stimme und seine Gesten so anzupassen, dass er sich in allen Gesellschaftsschichten bewegen kann. Er kennt sich mit den Gebräuchen der Unterwelt ebenso gut aus, wie mit den Etikettevorschriften auf einem horasischen Hofball.
Die Aleistos, vor allem ihre Feste und ihr lüsternes Mündel Ennio wurden über die Grenzen Belhankas hinaus bekannt und wurden sogar zu Feierlichkeiten nach Granggor, Bethana, Vinsalt, Arivor, Silas und Methumis geladen, um frischen Wind in die dortigen Veranstaltungen zu bringen, was ihnen auch stets gelang – vielmehr, was Ennio gelang.
Auf Grund seines Bildungsstands und seiner offenen Art, machte der Jungspund Ennio neben sexuellen Erfahrungen auch Bekanntschaften mit einigen äußerst einflussreichen Persönlichkeiten, mit denen er sich sehr gut verstand und auch außerhalb der Festlichkeiten traf und eine Freundschaft mit gewissen Vorzügen pflegte. Nicht selten kam es vor, dass er von jenen Bekannten eingeladen wurde, um auszureiten, um ins Theater oder die Oper zu gehen, ohne dass es im Anschluss gleich in der Horizontalen endete.
Indes übernahm Ennios beste Freundin, Larissa de Kastovena, die Führung ihrer damaligen Bande und schloss mehrere Gruppierungen zu einer festen Organisation zusammen – keine offizielle, eher eine mafiaähnliche Organisation, welche sich auf Raub, Einbruch, Erpressung und Attentate spezialisiert hat. Auch wenn Larissa und Ennio nicht mehr täglich im Kontakt zueinanderstehen, pflegen sie ihre Freundschaft dennoch bis heute, so gut es ihnen möglich ist. Gelegentliche Treffen der beiden Enden nicht selten in der Horizontalen, beiden ist jedoch bewusst, dass sie nur Freunde sind – nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Gelegentlich spielte Ennio Larissa Informationen zu, wann sich welche Adeligen auswärts befinden oder welche Reiserouten sie präferieren. Zumeist waren es Informationen über jene Adelige, welche schlecht über seine Eltern sprachen oder einen Handel mit seinem Vater verweigerten. Dabei ging er sehr geschickt vor, so dass niemand Rückschlüsse auf seine Beteiligung ziehen konnte.
Ennios gesellschaftliches Ansehen wuchs weiter an, bis er eines Tages, als er fast 19 Jahre alt war, zu einem levthangefälligen Fest geladen wurde, Arsella und Zandor jedoch nicht. Seine „Eltern“ waren empört und Ennio musste dafür Sorge tragen, dass sie ihn begleiten durften. Es kam immer häufiger vor, dass er, nicht jedoch seine „Eltern“ geladen wurden. So beschlossen diese, ihm die Augen zu öffnen und dem ein Ende zu bereiten.
Arsella und Zandor setzten sich mit Ennio zusammen und verrieten ihm, dass sie ihn nicht aus Nächstenliebe bei sich aufgenommen hatten, sondern, damit er ihren gesellschaftlichen Stand absichert und vorantreibt. Da dies jedoch nun beendet zu sein scheint, haben sie keine weitere Verwendung mehr für ihn. Um ihr eigenes Gesicht in der Öffentlichkeit, vor allem jedoch im gehobenen Stand zu wahren, wollen sie ihn allerdings nicht gänzlich verstoßen. Ennio darf in eines ihrer zahlreichen Gästehäuser einziehen, welches außerhalb der horasischen Annehmlichkeiten liegt und dies fortan sein Eigen nennen. Ein kleines Anwesen in Unterfels, die nördlichste Siedlung des Horasreichs, direkt angrenzend zum Mittelreich. Zudem lassen sie ihm finanzielle Zuwendungen zukommen, damit er ausgesorgt hat. Im Gegenzug soll er für ihre Zwecke weiterhin ihren Namen tragen, sich jedoch aus der Öffentlichkeit als auch von den Festlichkeiten des horasischen Adels zurückziehen. Auch wünschen sie keinen weiteren aktiven Kontakt mehr zu ihm. Sollte seine Anwesenheit jedoch, aus welchen Gründen auch immer, erforderlich sein, hat er ihnen als gehorsame Marionette zu Diensten zu sein. Stimmt er dem nicht zu, wollen sie ihm alles nehmen, was ihm geblieben ist und ihn dahin zurückschicken, wo sie ihn einst aufgelesen haben.
Für Ennio bracht seine Welt zusammen. Er war am Boden zerstört, hielt er die beiden doch stets für ehrliche und liebevolle Eltern, musste er nun jedoch erkennen, dass er für sie nicht mehr als ein Objekt, ein Werkzeug zum Zweck war. Er willigte dem Handel ein, um nicht zurück in die Gosse kehren oder sich Larissas Organisation anschließen zu müssen.
So reiste Ennio in sein neues Heim in Unterfels. Eine wirklich kleine Siedlung am Rande des Nirgendwo, wo er vor Langeweile zu ersticken drohte. War er doch inzwischen den größten Prunk und die ausschweifendsten Festlichkeiten der Obrigkeit gewohnt, sollte er auf all dies nun verzichten müssen. Zwar hatte er Bekannte in höheren Rängen, aber ob diese wahre Freunde sind, die ihm aus seiner Lage heraushelfen oder nur an ihm als Lustknaben interessiert sind stellte er nun in Frage. Er traute sich nicht, jene zu kontaktieren und um Hilfe zu bitten, aus Furcht, auch das zu verlieren, was ihm geblieben ist. Auch Larissa verriet er bislang nichts, da er sich zum einen schämte, zugleich aber befürchtete, sie würde seine Eltern ermorden (lassen) und blindem Zorn alles niederreißen, was er eines Tages zu übernehmen gedenkt. Doch eines stand für ihn fest, eines Tages will er heimkehren und den Fall seiner „Eltern“ miterleben oder gar selbst einläuten, um die Führung des Hauses Aleistos und deren Reichtümer zu übernehmen. Dafür war es jedoch noch nicht an der Zeit und so beschloss er, die Welt zu erkunden und sich Inspiration für seine Rache einzuholen. Auch gegen Abwechslung zum nun tristen Alltag hatte er nichts einzuwenden, von den lieblichen Verlockungen, welche er sich in der Ferne erhoffte ganz zu schweigen.
Als erstes reiste er ins Mittelreich, musste jedoch schnell feststellen, dass eine Reise ohne Gesellschaft sehr gefährlich sein kann, nachdem er von Wegelagerern niedergeschlagen und ausgeraubt wurde. Er, der einst als Kind selbst achtlose Passanten ins Verderben riss, musste nun am eigenen Leib erfahren, wie es einem dabei ergehen kann. So schloss er sich bei der weiteren Reise stets Karawanen oder Händlern an, die er auf seine eigene Weise für ihre Gesellschaft entlohnte – und dies bereitete nicht nur jenen, welche er begleitete, sondern auch Ennio selbst Vergnügen!
Interessanterweise begann das Leben von Garan, überaus gewöhnlich. Er stammte weder von Stammeskriegern ab, die von generationenlangen Kämpfen abgehärtet waren, noch kam er aus fernen Ländern, um die unbekannte, lauernde Gefahr, zu bekämpfen. Er war vielmehr ein gewöhnlicher Junge, Sohn liebender Eltern. Seine Mutter war eine fähige Schneiderin, die sich abends gelegentlich etwas als Schankmaid dazuverdiente und sein Vater war ein einfacher Zauberkundiger gewesen. Dort, in seinem Heimatdorf, spielte er tagsüber mit Freunden und des Nachts träumte er von dem Platz, den er in der Welt einnehmen sollte – gerne sah er sich als den Retter unterdrückter Stämme oder den Bezwinger eines Drachen.
In seinem zehnten Sommer sollte sich das Schicksal des jungen Garan jedoch für immer verändern. Wäre er älter gewesen, so hätte er vielleicht die ungewöhnlichen Vorfälle bemerkt, die sich in den Dörfern zutrugen – jeden Tag drängte seine Mutter ihn, zu Hause zu bleiben, aus Angst vor jenen fremdartigen Kreaturen, die auf der Suche nach Opfern für die dunklen Mächte im Untergrund in der Gegend umherstreiften. Doch Garan und seine Freunde glaubten den Gerüchten nicht, bis sie eines Abends an einem Stall voller Opferziegen standen, die den Nomadenhirten abgekauft worden waren. Mit dem Messer, das er von seinem Vater zum achten Geburtstag bekommen hatte, schnitt er die Seile durch und schenkte den Tieren in der nahen Schlucht die Freiheit. Alles schien wie ein harmloser Streich, bis das Undenkbare passierte.
Der Boden begann zu beben, Blitze zuckten über den Himmel und die Kinder rannten erschrocken um ihr Leben.
Ein großer Riss tat sich im Boden auf, verschlang Garans Dorf samt Bewohnern und hinterließ nichts weiter als karge Erde und Gestein.
Als Garan sein Bewusstsein wiedererlangte, fand er sich gefangen im Untergrund wieder. Angst lag ihm schwer auf der Brust, aber es war immer noch ein Funken Hoffnung in ihm, denn er hörte die matten Schreie anderer Überlebender. Sie riefen einander kraftlos zu und wiederholten dabei ihre Namen wie ein Mantra. Schrecklicherweise konnte er am dritten Tag nur noch seine eigene Stimme hören. Seine Freunde und Familie waren alle fort. Er war nun allein in der Dunkelheit.
Erst als alles verloren schien, sah er das Licht in der Dunkelheit.
Er folgte ihm hinab.
Auf seinem Weg fand er nur karge Nahrung. Unter dem Geröll lagen kaputte Trinkschläuche, verrottende Pfirsiche – alles, um dem Hungertod zu entkommen. Doch schließlich nahm wieder Angst den Platz vor seinem Hunger ein. Er fand sich in einer gewaltigen Höhle wieder, die von einem fremdartigen, violetten Glühen erleuchtet wurde, und er sah, dass er nicht mehr allein war.
Krabbelnde, mit Chitinplatten gerüstete, käferähnliche Kreaturen schwärmten in die Tiefe. Die Erste, die sich auf Garan stürzte, war nicht größer als er selbst und er umklammerte sein Messer mit beiden Händen, bereit, sich zu verteidigen. Das Geschöpf stieß ihn zu Boden, doch er trieb seine Klinge in dessen pulsierendes Herz und sie stürzten beide tiefer in den Abgrund.
Die Kreatur war scheinbar tot. Ihr dunkler Panzer war kalt und fühlte sich hart wie Stahl an. Als die größeren Kreaturen jener Art kamen, ergriff Garan die Flucht und entkam jenen Schrecken.
In seinem Geist vernahm er eine Stimme. Sie klang vertraut und ruhig. Es schien, als wäre es die Stimme seines Vaters, welche Garan die Kunst der Magie zu lehren schien. Jetzt hatte er nicht nur Hoffnung, sondern auch einen Plan. Kämpfe hart. Bleib am Leben. Finde einen Weg zurück an die Oberwelt.
Er hatte sich verändert, war vom verängstigten Jungen zum furchtlosen Überlebenden, von der Beute zum Jäger geworden. Etwas mehr als ein Jahrzehnt lang hatte er im Unterreich gelebt und sein Bestes getan, um einen Weg hinauszufinden. Obgleich die Stimme in seinem Geiste allmählig verstummte, was zurückblieb war die Gunst der arkanen Magie.
Eines Tages fand Garan den Weg zurück an die Oberwelt. Zu dieser Zeit war er bereits 21 Jahre alt.
Garan fühlte sich wie ein Fremder in der eigenen Heimat und war wissbegierig darauf, alles um ihn herum aufs Neue erkunden und entdecken zu können.
Heute ist Garan 23 Jahre alt und hat sich wieder an das Leben an der Oberwelt gewöhnt, doch sein Gefühl, wirklich zu Hause angekommen zu sein, scheint noch in weiter Ferne.
Schon als Kind war Gremrik deutlich kräftiger als die anderen Jungen. Seine Mutter brachte ihm früh bei, dass er seine Kraft nicht dafür missbrauchen sollte, andere einzuschüchtern oder zu drangsalieren. Sie kam aus einer stolzen Hirtenfamilie und war davon überzeugt, dass wahre Tapferkeit nicht darin lag, andere mit der eigenen Kraft zu unterwerfen, sondern Bedürftige zu schützen.
Als Gremrik noch klein war, fielen Riesen über einen Nachbarstamm her. Dieser Stamm hatte in der Vergangenheit oft Tiere aus den Herden von Gremriks Volk gestohlen, dennoch zögerte seine Mutter keine Sekunde, mit Fellen, Nahrung und Arzneien durch die Tundra zu ziehen, um den Überlebenden zu helfen. Zunächst verstand Gremrik nicht, warum sie ihren Rivalen half. Nachdem sie mit ihren Taten jedoch zahllose Leben gerettet hatte, wurden die verfeindeten Stämme zu unzertrennlichen Verbündeten. Endlich begriff er, was seine Mutter immer damit meinte, dass „alle Stämme eine Familie sind“. An jenem Tag schwor er sich, diese Familie zusammenzuführen.
Mit der Zeit wurde klar, dass Gremrik ein überaus fähiger Krieger war. Es dauerte nicht lange, bis er in seiner Region zu so etwas wie einem jugendlichen Vorbild wurde. Er rettete Kinder aus Felsspalten, führte verirrte Reisende durch Schneestürme und beschützte Familien vor angriffslustigen Wölfen und Vagabunden. Wenn Gremrik erschien, wussten die Menschen in seinem Stamm, dass ihnen geholfen wurde. Er war ein Symbol der Hoffnung, bekannt für seine Lebensfreude und Fröhlichkeit und er fand überall in Windeseile Freunde.
Im Laufe der Jahre erkannte Gremrik, dass er nicht nur in den entlegenen Hügeln, in denen er aufgewachsen war, gebraucht wurde. Tränenreich verabschiedete er sich von seiner Mutter und begann seine Reise durchs Land.
Wie er es gerne bei allen Geschichten über sich selbst tat, wenn er sie das erste Mal hörte, lachte er auch bei der Erzählung „Gremrik hat alleine eine ganze Goblinbande aufgemischt, die einer holden Maid zu nahetraten“ aus vollem Herzen. Doch er streitet Geschichten wie diese nicht ab, stattdessen erfreut er sich an ihnen. Warum sollte man auf die Wahrheit pochen, wenn man dadurch nur verhindert, dass andere zu Taten des Edelmuts und der Güte inspiriert werden?
In einer Taverne wurde er Zeuge, wie ein Barbar so verzweifelt versuchte, seinen Wert zu beweisen, dass er einen Herausforderer nach dem anderen brutal zusammenschlug.
Während Gremrik dabei zusah, bemerkte er, dass der Barbar immer mehr die Fassung verlor. Bei seinem nächsten Duell verlor er sich so in seinem Zorn, dass er kurz davor stand, seinen Gegner zu Tode zu schlagen, obwohl dieser bereits am Boden lag. Das war genug! Er stellte sich vor den bezwungenen Krieger, stemmte sich gegen seinen Schild und ließ den Barbaren auf das undurchdringliche Bollwerk einschlagen. Als der Zorn des Barbaren endlich verebbte, konnte Gremrik dessen Herz mit seinem grummeligen, jedoch freudigen Gemüt für sich gewinnen. Der Fremde stellte sich als Hirlan vor und nur wenig später lachten die beiden zusammen und stießen mit mehr als nur einem Humpen Bier auf ihre Gesundheit an.
Gremrik kennt zwar keine Loyalität zu einem bestimmten Stamm oder Klan, denn seiner Ansicht nach sind alle zivilisierten Völker Brüder und Schwestern, wobei Elfen die schwarzen Scharfe in der Familie sind. Nichtsdestotrotz erkennt er die Obrigkeit des Landes an, welche die Jahrhunderte überdauernden Fehden zwischen einzelner Fraktionen seines Landes beenden kann.
Gremrik erzählt seinen Traum häufig den Kindern, die seinen Geschichten lauschen wollen: „Eines Tages soll das Land in einer großen Familie vereint sein, damit er sich als bescheidener Hirte zur Ruhe setzen kann.„
Zwar sieht Gremrik niemanden als seinen Feind an, dennoch hatte er in der Vergangenheit bereits einige unschöne Begegnungen. Er versteht weder, welchen Groll sie gegen ihn hegten, noch warum sie so an ihm interessiert zu sein schienen, doch am Ende wurde bisher immer alles gut.
Lofi und sein Bruder Broiga wuchsen als Waisen in einer Bergstadt auf. Lofi bemühte sich, so gut er konnte für sie beide zu sorgen, und geriet dabei ständig in Auseinandersetzungen mit älteren Straßenkindern und auch jedem sonst, der seinem kleinen Bruder drohte – auch wenn das die Stadtwache war. Jeder Tag auf der Straße war ein Kampf ums Überleben, und Lofi hatte sich bis zu seinem zwanzigsten Sommer bereits mehr Narben zugezogen als einige Soldaten in ihrem ganzen Leben.
Nachdem die Stadt vom expandierenden Nachbarklan eingenommen worden war, erkannte der siegreiche Kommandant die Stärke der beiden trotzigen Brüder und so fanden sie inmitten der Ränge seiner Kriegswehr ein Zuhause. Im Laufe der Jahre kämpften sie sich in vielen Feldzügen bis an den Rand des Gebirges und vereitelten eine Reihe von Rebellionen, die den Thron zu stürzen versuchten.
Innerhalb des Klans konnte jeder an die Macht kommen, unabhängig von seinem Stand, seiner Kultur oder seiner Vergangenheit, und niemand nahm sich das so zu Herzen wie Lofi. Obwohl er aus bescheidensten Verhältnissen stammte, stieg er kontinuierlich im Rang auf, da er die Pflicht immer an erste Stelle stellte und für seine Disziplin und Standhaftigkeit großen Respekt erntete. Auf einem Schlachtfeld behauptete er sich sogar gegen einen gestandenen General, nachdem der Feigling einen Rückzug angeordnet hatte. Voller Trotz und seine Axt in der Hand, sammelte Lofi die verstreuten Krieger und errang einen großartigen und unerwarteten Sieg gegen eine zahlenmäßig überlegene Scharr Goblins.
Wer Lofi kannte, wusste, dass er weder nach Macht noch Bewunderung strebte – er wünschte sich nur, dass sein Klan über alles triumphierte.
Sein letzter Feldzug dauerte Jahre und endete in einer bitteren, eisigen Sackgasse. Lofi entkam nur knapp mehreren Attentatsversuchen, Hinterhalten und sogar einer Gefangennahme durch die brutalen Orks. Er wurde der endlosen, zermürbenden Kriege langsam überdrüssig und kehrte zurück in die Heimat.
Er marschierte mit einigen Veteranen zurück und fand daheim einen toten Thain vor – Doron Magmaspalter hatte einen Putsch angeführt und ihn ermordet. Die Tat war von vielen Verbündeten unterstützt worden, einschließlich Lofi’s eigenem Bruder Broiga – ein Vertrauensbruch, der bis heute andauert.
Das war eine schwierige Situation. Viele Adelshäuser erwarteten, dass Lofi und die mit ihm heimgekehrten Veteranen, den Tod des Tain Krarbar rächen würden. Er kannte und schätzte den in Ungnade gefallenen General Doron jedoch und hatte sich einige Jahre zuvor gegen seine Entlassung aus dem Dienst ausgesprochen, die aufgrund einer fehlgeschlagenen Offensive in den östlichen Bergketten erfolgen sollte. Die Eide die Lofi ablegte galten dem Klan und keinem bestimmten Herrscher, und Doron war ein Mann, der offen über seine neue Vision für das Reich sprach. Doch Lofi erkannte, dass dies die Zeit war, seinen Militärdienst zu quittieren, zu viel war während seiner Abwesenheit geschehen … so verließ er die Armee, wenngleich mit allen gebührenden Ehrungen.
Seitdem durchstreift er die Berge und das Umland, um dort einzugreifen, wo seine Hilfe am dringendsten benötigt wird oder wer am meisten dafür zu zahlen bereit ist – ein herber Rückschlag, ein tiefer Fall!
Noreils Herkunft ist ein Mysterium, selbst für ihn.
Er kennt die Geschichte seines Stammes nicht – oder dessen Stand verglichen mit den anderen, denn er wurde bereits als kleines Kind von ihm getrennt. Nur die beiden Edelsteine, die er schon sein ganzes Leben lang bei sich trägt, können einen Hinweis auf seine Herkunft geben. Tatsächlich reichen seine frühesten Erinnerungen in die Zeit zurück, als er in den nördlichen Ausläufern des Landes mit den Wölfen umherstreifte. Obwohl er wusste, dass er keiner von ihnen war, sahen sie in ihm eine deutliche Verbindung zu Ihresgleichen und akzeptierten ihn in ihrem Rudel.
Dennoch spürte Noreil in dieser wilden, räuberischen Zeit eine tiefere Verbindung zu den Wäldern um ihn herum. Mit der Zeit verstand er, was durch jede Faser seines Wesens floss: die Magie der Natur und des Geisterreichs auf der anderen Seite. Ohne einen Lehrer brachte er sich selbst bei, diese Mächte für sich nutzbar zu machen – meistens stimulierte er damit auf der Jagd nach Beute seine Reflexe. Wenn er vorsichtig vorging und nah genug herankam, war er sogar in der Lage, ein in Panik geratenes Reh zu beruhigen, damit es selbst dann noch ganz gelassen blieb, bis er und sein Rudel die Zähne in sein Fleisch schlugen.
Die Welt der Sterblichen war für Noreil so weit entfernt und verwirrend wie für die Wölfe seines Rudels, doch aus ihm unbekannten Gründen fühlte er sich stets von ihr angezogen. Vor allem die Menschen waren grobe und ruppige Kreaturen … und wenn eine Gruppe Jäger in der Nähe ihr Lager aufschlug, beobachtete Noreil sie aus sicherer Entfernung bei ihrem grauenvollen Geschäft.
Als einer von ihnen von einem verirrten Pfeil getroffen wurde, konnte Noreil spüren, wie das Leben aus ihm entwich. Von den Instinkten eines Räubers getrieben verschlang er die Essenz, die seinen Körper verließ, und durchlebte Momente seiner Erinnerungen – von seiner Geliebten, die er im Kampf verloren hatte, und von seinen Kindern, die er bei seinem Aufbruch in den Norden zurücklassen musste. Noreil lenkte seine Gefühle ganz sanft erst von Furcht zu Sorge, dann zu Wonne, und tröstete ihn bei seinem Sterbensprozess mit Traumbildern einer sonnigen Wiese.
Danach bemerkte er, dass er im Stande war, die menschliche Sprache zu verstehen – wie ein Traum, an den man sich nur noch halb erinnern kann. Von da an wusste Noreil, dass die Zeit für ihn gekommen war, das Rudel zu verlassen.
Am Rande der Gesellschaft umherziehend, fühlte er sich noch nie so lebendig. Sein räuberisches Wesen blieb erhalten, aber in den Städten fand er sich in einem Strudel aus neuen Erfahrungen, Gefühlen und Bräuchen wieder. Die Sterblichen schienen auch an ihm Gefallen gefunden zu haben – was er des Öfteren zu seinem Vorteil nutzte.
Er versank in Erinnerungen, die nicht die seinen waren, und berauschte sich daran, dem Leben anderer ein Ende zu setzen, selbst dann, wenn er den Kummer und das Leid spürte, welches er über seine Opfer brachte. Er erlebte Herzschmerz und Hochgefühl, die ihn nach mehr dürsten ließen. Er weinte über die Bilder brutaler Eindringlinge aus einem weit entfernten Land aus Eisen und Stein. All das überwältigte ihn, doch immer, wenn er versuchte, davon loszukommen, spürte er, wie seine eigene Kraft zu schwinden begann und er daher nicht anders konnte, als seine Gelüste immer und immer wieder zu befriedigen … auch wenn es ihn in seinem Herzen schmerzte.
Dank der gestohlenen Erinnerungen war es Noreil jedoch langsam möglich, mehr über seinen eigenen Stamm zu erfahren. Offenbar war er nicht mehr allein, denn viele Stämme schienen eine eher schwierige Beziehung zu den Sterblichen zu haben. Schließlich erfuhr er von einer Rebellion, die sein Volk zu seiner einstigen Größe zurückzuführen versuchten.
Womöglich war dies das Bindeglied zu einer Vergangenheit, an die er sich nicht erinnern konnte.
Mit den beiden Edelsteinen in der Hand machte sich Noreil auf die Suche nach Seinesgleichen. Nie mehr würde er sich auf die geliehenen Erinnerungen und fremden Träume verlassen. Wenn es noch eine Spur seines Stammes gibt, dann wird er sie finden.
Der Hintergrund von Tiberius wurde durch Raistlin Majere aus der Drachenlanze-Saga inspiriert
Äußere Erscheinung
Tiberius „Thrangulf“ Bjarneik ist ein hochgewachsener, aber schmächtiger Mann mit schlanken, beweglichen Fingern.
Seit der Zauberprüfung ist sein Körper ausgemergelt, weshalb Tiberius oft erschöpft ist und er gelegentlich unter einem furchtbaren Husten leidet. Ein Kräutertee von unangenehmem Geruch verschafft ihm Linderung, doch bleibt dieser Zustand nicht konstant, wenn er den Tee nicht regelmäßig zu sich nimmt.
Tiberius stark verblasste Haut hat eine helle Färbung angenommen und er sieht die Welt durch schmale Augen, deren Farbe durch eine milchige Trübung größtenteils verdrängt wurde. Sein Haar ist vorzeitig weiß geworden und seine Stimme erhebt sich nur selten über ein Flüstern – nicht, weil er es nicht kann, sondern weil er jene Situationen genießt, in denen er sie erhebt und ihm alle, die ihn kennen, sofort ihr Gehör schenken.
Eine äußerliche Ähnlichkeit zu seinem Halbbruder Arnen tritt nur in Krisensituationen zutage, wenn seine Gesichtszüge wahre Freude widerspiegeln, was jedoch nur äußerst selten geschieht.
Charakteristik und Moral
Tiberius „Thrangulf“ Bjarneik verfügt über einen schnellen Verstand und große Willenskraft. Er ist ungeduldig denjenigen gegenüber, die langsamer denken als er. Sein Streben nach Macht ist einer seiner zentralen Charak-terzüge. Er ist jedoch der Ansicht, das Geld allein nicht zwangsläufig Macht bedeutet. Tiberius ist sehr ver-schlossen und gibt sein Wissen nur selten ohne Gegenleistung preis. Zudem neigt er zu Zynismus und sarkasti-schen Bemerkungen.
Er glaubt, dass Struktur und Organisation denjenigen Macht zuspricht, die sie verdient haben. Er bevorzugt eine klar definierte Hierarchie zwischen Machthaber und Bürgerlichen. Wenn jemand aufgrund eines Gesetzes be-nachteiligt wird, das ihm selbst nützt, haben diese Individuen schlichtweg Pech gehabt. Tiberius befolgt die Gesetze zumeist aus Stolz und Ehrerbietung gegenüber ihrer Stärke und fester Struktur.
Da er alle Verpflichtungen und Schwüre ehrenhaft einzuhalten versucht, ist er sehr vorsichtig, wenn es darum geht, jemandem sein Ehrenwort zu geben. Wenn Tiberius es einmal gegeben hat, so bricht er es unter normalen Umständen nur dann, wenn er dies auf rechtlichem Weg, den Gesetzen der Gesellschaft entsprechend, tun kann oder keinen anderen Ausweg mehr sieht, um sich selbst oder ihm nahestehende Personen zu schützen oder sich selbst einen erhabenen Vorteil zu verschaffen.
Er lacht ausgesprochen selten – ein überaus finsteres und gelegentlich schrilles Lachen, welches bisher nur Wenige zu hören bekamen.
Tiberius wird…
…immer versuchen, sein Ehrenwort zu halten.
…niemals absichtlich einen wahren Freund betrügen.
…niemals Unschuldige verletzen, wenn es der Sache nicht dienlich scheint.
…niemals aus Spaß foltern oder töten.
…sich nicht auf Folter allein verlassen.
…nur jene belügen und betrügen, die seinem Respekt nicht würdig erscheinen.
…unter Umständen Unbewaffnete töten, wenn dies sinnvoll erscheint.
…Selbstdisziplin und Ehre respektieren.
…mit anderen zusammenarbeiten, selbst wenn er jene verachtet, um seine eigenen Ziele zu erreichen.
…stets versuchen, seine nahezu unstillbare Gier nach immer mehr Macht zu befriedigen.
Kindheit und Jugend
Tiberius „Thrangulf“ Bjarneik wurde vor 21 Jahren als Sohn von Rosamund Bjarneik und Apan Thrangulf geboren. Er ist der jüngere Halbbruder von Arnen (25 Jahre) und ihrer älteren Schwester Jaida (30 Jahre), seiner Halbschwester. Obwohl die Hebamme ihn bereits aufgegeben hatte, nahm sich seine ältere Schwester Jaida seiner an und rettet ihm das Leben. Sie und ihre Mutter zogen Arnen und Tiberius auf, da sein Ziehvater Bhern Bjarneik, ein adliger Ratsherr der hiesigen Lande, oft tagelang, gar wochenlang die Heimat für seine diplomatischen Tätigkeiten verlassen musste.
Seinen leiblichen Vater, Apan Thrangulf, lernte Tiberius nie kennen. Dieser wurde fast ein Jahr vor seiner Geburt, von seinem Ziehvater Bhern, schwer verwundet im Wald aufgefunden und von seiner Mutter gesundgepflegt. Da es ihr an Gesellschaft und Zuneigung mangelte, während ihr Mann seiner Arbeit nachging, tat das Schicksal den Rest und sie verliebten sich ineinander. Ihre gemeinsame Zeit war voller Leidenschaft, jedoch nur von kurzer Dauer. Als Apan genesen wart und plötzlich ein Bote in edlem Gewand erschien, der ihm eine vertrauliche Nachricht übermittele, verabschiedete er sich kurzerhand mit Bedauern in seinen Worten, jedoch ohne weitere Begründung, außer, dass es unvermeidlich und für alle das Beste sei. Zumindest erzählte dies Rosamund jedes Mal, wenn Tiberius sie nach seinem leiblichen Vater fragte. Sie beschrieb ihn immer als ein Abbild seiner selbst. Tiberius schenkte ihren Worten allerdings nur wenig Glauben, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass jemals jemanden wahre Liebe entgegenbringen könnte, der so schmächtig und kränklich war, wie er. Sein Ziehvater Bhern verzieh Rosamund ihre Untreue und nahm auch Tiberius als sein Kind an – wenngleich nicht mit seinen leiblichen gleichgestellt. Tiberius versteht bis heute nicht, wieso sein Ziehvater oder seine Halbgeschwister ihn offenkundig Liebe entgegenbrachten und dies, obgleich ihnen die Umstände seiner Zeugung bekannt war – er könne dies nie, so seine eigenen Worte.
Tiberius war ein intelligentes, aber sehr kränkliches Kind und beneidete seinen kräftigen Halbbruder innig um dessen robuste Gesundheit. Wenn er von Fieber heimgesucht oder von Alpträumen gequält wurde, war sein starker Halbbruder stets zur Stelle, um ihn zu trösten. Er erzählte ihm Geschichten oder zeichnete mit den Fingern Schatten von Häschen oder anderen Getier an die Wand.
Im Spiel mit anderen Kindern beschützte Arnen Tiberius vor deren Gemeinheiten. Im Gegenzug nahm er dessen schnellen Verstand für strategische Spiele gern in Anspruch.
In jungen Jahren beobachtete Tiberius den Illusionisten Waylan bei einer Vorführung beim Sommerfest und kurz darauf beherrschte er bereits alle Tricks, die Waylan vorgeführt hatte.
Seine Halbschwester Jaida bewunderte seine Auffassungsgabe und Neigung zur Magie. Daher wandte sie sich an einen reisenden Magier namens Gedarin Rhakonn, der seit vielen Jahren ihr Dorf auf der Durchreise auf-suchte. Mit seiner Hilfe gelang es ihr, Tiberius am Tempel der Götter des Wissens und der Magie unterzubringen, wo er seine Ausbildung zum Bibliothekar begann. Er stahl sich jedoch regelmäßig davon, um die Studenten der arkanen Akademie durchs offene Fenster zu beobachten und ärgerte sich stets maßlos, wenn einer der Schüler bei einer Aufgabe versagte, die er selbst meistern konnte, obgleich er nur Bruchstücke ihres Unterrichts aufschnappen konnte.
Auch wenn Tiberius während seiner Lehrzeit im Tempel untergebracht war, verbrachte er seine Ferien und verlängerte Wochenenden doch stets daheim.
Als Arnen 16 und Tiberius 12 Jahre alt waren, verließ ihre Schwester die Heimat, auf eine abenteuerliche Reise mit zwielichtigen Gestalten. Keiner der beiden hat sie seit diesem Tag wieder gesehen.
Kurz darauf wurde ihrem Vater Bhern, bei der Rückkehr in die Heimat, von einer kleinen Bande Wegelagerer aufgelauert, niedergestreckt und ausgeraubt, woraufhin ihre Mutter Rosamund in eine Art Trancen versank, aus der sie nicht mehr herausfand. Trotz der liebevollen Pflege ihrer Schwester Danna Seleru, Arnens und Tiberius verhungerte sie schließlich. Das Erbe wurde gleichmäßig unter den drei Weisen – Jaida, Arnen und Tiberius – aufgeteilt, wobei Jaida ihr Erbe bislang noch nicht angetreten ist und auch Tiberius bisher keine Ansprüche geltend gemacht hat. So oblag es Arnen die Bürde der Familienpflichten zu übernehmen und mit Unterstützung ihrer Tante Danna übertraf er sich dabei selbst.
Als Tiberius 14 Jahre alt wurde, erschien abermals der reisenden Magier Gedarin Rhakonn und bot ihm an, ihn an der arkanen Akademie unterzubringen, damit er eine arkane Ausbildung beginnen konnte, welche Tiberius bereits sich so lange ersehnte und für die anfallenden Kosten aufzukommen, wollte aber nie begründen, warum er dies für ihn tun wolle. Tiberius lehnte höflich, jedoch mit Bedauern in seiner Stimme ab, denn Almosen annehmen, das war das Letzte, was ihm seine Eltern je beigebracht hätten. Gedarin bot Tiberius daraufhin an, ihn mit Lehrmeister Ulenor von der Akademie bekannt zu machen und wenn dieser ihn für würdig erachten würde, würde er ein Stipendium erhalten, welches alle Kosten abdeckt. Dieses Angebot nahm Tiberius dankend an und so traf er Meister Ulenor, der ihm zahlreiche Fragen stellte und einigen Tests unterzog. Er äußerte sein Wohlgefallen an Tiberius und sagte ihm das Stipendium zu, woraufhin er seine Lehre im Tempel abbrach und die Lehre zum Magier begann. Erst einige Monate später wurde Tiberius bewusst, dass es sowas wie ein Stipendium überhaupt nicht gab und Gedarin hinter seinem Rücken alle Kosten beglich, doch nun war seine Neugier geweckt und er unterdrückte den Stolz, der ihn das Studium unter anderen Umständen direkt wieder hätte abbrechen lassen.
Die Zauberprüfung
Tiberius „Thrangulf“ Bjarneik wurde im Alter von 18 Jahren von Par-Salian, Oberhaupt der Akademie eingeladen, um seine Zauberprüfung abzulegen. Tiberius war sehr stolz über diese Einladung, wurde sie nur äußerst selten für jemanden in ähnlich jungen Jahren ausgesprochen. Doch auch Zweifel quälten ihn, war ihm doch bewusst, dass Scheitern eine Abstufung oder gar den Ausschluss aus der Akademie bedeuteten könnten.
Tiberius Bruder Arnen begleitete ihn bis in die Empfangshalle. Nun war er auf sich allein gestellt.
Gemeinsam mit drei weiteren Studenten der Akademie stellte er sich der ersten Prüfung. Jeder von ihnen erhielt eine Feder, ein Tintenfässchen und ein Blatt Pergament, auf welches sie die Worte „Ich Magus“ schreiben und sich dabei mit voller Kraft auf diese Worte konzentrieren sollten.
Der erste, der an der Reihe war, schrieb die Worte nieder und die Schrift leuchtete leicht auf. Die Aufsichtsführenden Erzmagier nickten ihm zu und wanken ihn in einen separaten Raum. Als zweites folgte eine ältere Schülerin. Auch sie schrieb die Worte nieder, doch abgesehen von einer schlechten Handschrift war nichts weiter zu sehen. Die Erzmagier schüttelten den Kopf, woraufhin sie von einem Diener zurück in die Empfangshalle begleitet wurde. Tiberius Gedanken spielten Amok. Was wäre, wenn auch bei ihm nichts außer den Worten an sich zu erkennen wäre? Würde auch er ausgeschlossen? Was geschieht dann? Wäre alles vorbei? Eine Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er bemerkte, dass er nicht einmal mitbekommen hatte, was der dritte Student bewerkstelligte und ob er die Prüfung ebenfalls bestand oder nicht. Es half alles nichts. Nun war er an der Reihe. Er ergriff das Pergament und die Feder, welche er zugleich in das Tintenfass tauchte, doch als er anfangen wollte zu schreiben, überkamen ihn Selbstzweifel und er betete innerlich zu den Göttern des Wissens und der Magie. Es kam ihm vor, als stellte ihm eine gedämpfte, beruhigende Stimme aus seinem inneren die Frage „Was willst du wirklich und was bist du bereit, dafür zu geben?“. In Gedanken versunken antwortete er mit leiser Stimme „Ich will Macht – die Macht die arkanen Künste, als auch die arkane Energien im vollen Ausmaß zu bändigen und bis zum letzten auszunutzen. Dafür würde ich jedes Opfer bringen!“. Die Stimme antwortete „So sei es!“, dann verstummte sie wieder. Tiberius öffnete die Augen und schrieb die Worte „Ich Magus“. Erst geschah nichts und er wartete bereits auf das Urteil der Erzmagier, die ihn vom weiteren Studium ausschlossen, doch dann sah er in ihre erschrockenen Augen und spürte zugleich einen stechenden Schmerz in seinen Händen, woraufhin er auf das Pergament niederblickte, welches in Flammen aufging und zu Asche zerfiel. Er vernahm das Tuscheln der Erzmagier, welche ihre Köpfe zusammensteckten und sich berieten. Tiberius Mimik war ein finsteres, fast schon beängstigendes Schmunzeln zu entnehmen. Er war sich gewiss, dass er weitermachen durfte. Par-Salian selbst trat vor und deutete ihm den Weg in ein weiteres Zimmer, welches jedoch in den Katakomben der Akademie lag und nicht in den eigentlich, für die Prüfung vorgesehenen, oberen Etagen. Auch Arnen wurde aus der Empfangshalle geholt und hinuntergeführt, was Tiberius jedoch wunderte, denn Außenstehenden war der Zutritt strengstens untersagt. Vor Aufregung und der Ungewissheit, was ihn als nächstes erwartete, verdrängte er diese Gedanken jedoch schnell und konzentrierte sich wieder vollends auf die weitere Prüfung.
Die folgenden Herausforderungen laugten ihn aus und schindeten seinen ohnehin schon zerbrechlichen Körper. Nach einem Kampf gegen einen imaginären Dämon blieb ihm nur noch eine geringe Menge seiner arkanen Kraft übrig. Schwer verletzt wartete Tiberius auf seinen Tod, als sein Bruder Arnen plötzlich auftauchte, um ihm beizustehen. Er schien ihn von diesem Ort fortbringen zu wollen und Tiberius selbst war zu erschöpft, um sich zur Wehr zu setzen. Als Arnen jedoch plötzlich Magie einsetzt, um seinen Halbbruder zu verteidigen, überschwemmten Wut und Eifersucht Tiberius Denken, so, dass er nicht erkennen konnte, dass dies alles eine einzige Illusion sein musste. Er bündelte seine verbliebene Kraft in einem letzten verheerenden Zauber, welchen er gegen Arnen richtete. Als dieser durch seine Hand starb, durchschaute Tiberius endlich die Illusion und Par-Salian stand auf einmal neben ihm und nickte ihm zu – er hatte die Prüfungen bestanden!
Nach der Prüfung war Tiberius Körper so stark angeschlagen, dass es schien, als würde er nur noch von seinem unbeugsamen Geist zusammengehalten. Seine Haut hatte eine leichenblasse Tönung angenommen, sein Haar war völlig ausgeblichen und seine Pupillen verloren gänzlich ihre Färbung. Par-Salian berichtete ihm von Plänen höherer Mächte, deren Schwert Tiberius werden könnte. Er erfuhr außerdem, dass die Illusion seines Bruders ihm helfen sollte, sich selbst zu erkennen, aber auch Arnen, der bei seiner Prüfung zugesehen hatte, sollte die Begegnung das wahre Wesen seines Bruders offenbaren – erst jetzt entsann Tiberius sich daran, das auch Arnen alles mit angesehen haben musste.
Auf dem Rückweg in die Heimat sprachen die beiden kaum ein Wort miteinander, geschweige denn Worte über das Erlebte. Sie vereinbarten, dies nie laut auszusprechen und nie mit anderen darüber zu sprechen.
Insgeheim fragte Tiberius sich, mit wem er während der Prüfung einen Handel abgeschlossen hatte. Waren es wirklich die Stimmen der Götter gewesen, welche er für die Quelle der Stimme in seinem Kopf hielt, oder war es vielleicht ein finsterer, dunkler, diabolischer Quell?
Wie es weiterging
Tiberius Lehrzeit war beendet und er verbrachte wieder viel Zeit zusammen mit seinem Bruder, um seine eigenen, körperlichen, als auch die psychischen Wunden, welche er Arnen zugefügt hatte, zu pflegen.
Arnen war seinem Halbbruder gegenüber noch nie nachtragend gewesen und verzieh ihm selbst sein Fehlverhalten bei der Abschlussprüfung, obgleich es dieses Mal länger als sonst dauerte, bis er die Ereignisse, die er mit ansehen musste, verdaute.
Inzwischen fühlen die beiden sich stärker miteinander verbunden, als je zuvor und nichts und niemand sollte es je wieder wagen, sich zwischen sie zu drängen! Wirklich nichts? Par-Salian sagte ihm doch, dass ihm dieser letzte Teil seiner Prüfung etwas über ihn selbst lehren sollte. Würde Tiberius zu Gunsten seines Bruders wirklich auf Macht verzichten?
Da Tiberius sich bewusst war, Daheim, im gemachten Bett des Adels, nie die Macht erlangen zu können, nach der er strebte, beschoss er, ins ungewisse aufzubrechen, um seine Bestimmung zu finden. Arnen, der stets an seiner Seite war, um seinen „kleinen Bruder“ zu beschützen, beschloss, ihn bei dieser Reise nicht zu begleiteten, um auch sein eigenes Schicksal in der Heimat zu erfüllen. Insgeheim mussten aber beide an die Taten während der Prüfung denken. Arnen befürchtete eine dermaßen finstere Seite an Tiberius zu entdecken, dass er ihm eines Tages nicht mehr verzeihen könne. Tiberius hingegen fürchtete, das Arnen sich irgendwann zwischen ihn und das Erringen der ersehnten Macht stellen könnte und er war sich gewiss, seine mögliche Handlung bereits während der Prüfung durchlebt zu haben.
Inzwischen durfte Tiberius 21 Winter erblicken, doch seine Reise hat gerade erst begonnen . . .
Anregungen für den SL
Apan Thrangulf: Seinen leiblichen Vater, Apan Thrangulf, lernte Tiberius nie kennen. Als ein Bote in edlem Gewand erschien, der ihm eine vertrauliche Nachricht übermittele, verabschiedete er sich kurzerhand mit Be-dauern in seinen Worten, jedoch ohne weitere Begründung, außer, dass es unvermeidlich und für alle das Beste sei.
Wer ist Apan Thrangulf und wo kommt er her? Warum musste er so plötzlich aufbrechen? Weiss er von Tiberius Existenz?
Gedarin Rhakonn: Ein reisender Magier namens Gedarin Rhakonn, der seit vielen Jahren Tiberius Heimat auf der Durchreise aufsuchte, brachte ihm im Tempel der Hesinde unter und bot später an, ihm das Studium zum Magier zu finanzieren, was Tiberius jedoch aus Stolz ablehnte. Das vermeintliche Stipendium, welches es ihm dennoch ermöglichte zu studieren, stellte sich als Finte heraus, denn in Wirklichkeit förderte Gedarin sein Studium ohne dessen Wissen, was Tiberius jedoch erst später bemerkte, dann jedoch nicht mehr zurücktreten wollte, da sein Interesse und Gier nach Macht geweckt war.
Wer ist Gedarin Rhakonn und wo kommt er her? Warum hatte er ein solches Interesse daran, Tiberius zu fördern?
Halbschwester Jaida Bjarneik: Seine ältere Halbschwester Jaida verließ die Heimat, auf eine abenteuerliche Reise mit zwielichtigen Gestalten. Weder Arnen, noch Tiberius haben sie seit diesem Tag wieder gesehen.
Wo ging sie hin? Was ist aus ihr geworden?
Par-Salian: Was hat Par-Salian, Oberhaupt der arkanen Akademie in Tiberius gesehen, als er die erste Magierprüfung ablegte, in der er die Worte „Ich Magus“ auf ein Blatt Pergament niederschreiben musste, welches daraufhin verbrannte? Warum die Fortführung der Prüfung im Keller, wo er die Illusion seines Bruders nieder-streckte?
Was meinte Par-Salian, als er Tiberius von Plänen höherer Mächte berichtete, deren Schwert er einst sein könne und dass die Illusion seines Bruders ihm helfen würde, sich selbst besser kennen zu lernen, aber auch Arnen, der bei seiner Prüfung zugesehen hatte, sollte die Begegnung das wahre Wesen Tiberius offenbaren?
Die Stimme: Während seiner ersten Magierprüfung, als er die Worte „Ich Magus“ niederschreiben sollte, kam es Tiberius vor, als stellte ihm eine Stimme aus seinem inneren die Frage „Was willst du wirklich und was bist du bereit, dafür zu geben?“. In Gedanken versunken antwortete er mit leiser Stimme „Ich will Macht – die Macht die arkanen Künste, als auch die Astrale Energien im vollen Ausmaß zu bändigen und bis zum letzten auszunutzen. Dafür würde ich jedes Opfer bringen!“. Die Stimme antwortete „So sei es!“, dann verstummte sie wieder.
Insgeheim fragte Tiberius sich später, mit wem er während der Prüfung einen Handel abgeschlossen hatte. Waren es wirklich die Götter des Wissens und der Magie gewesen, welche er für die Quelle der Stimme hielt, oder war es vielleicht ein finsterer, dunkler, diabolischer Quell? Welches Opfer würde der Quell noch fordern oder war der vermeintliche Tod Arnens bereits der Sold, wenngleich nur ein illusionärer?
Dem jungen Krieger Trios Galoros wurde von seinem Klan viel Respekt entgegengebracht. Von den Berggipfeln aus konnte sein Brüllen kilometerweit vernommen werden. Sein Vater Joraster, Oberhaupt seines Klans, regte bei Versammlungen immer wieder dazu an, eine engere Beziehung mit anderen Völkern einzugehen. Viele hielten sie nur für Bestien, was jegliche Interaktionen vergällte und ihre Außenseiterrolle untermauerte.
Doch dann kamen Fremde und versprachen etwas Besseres, eine blühende Zufunft. Die Botschafterin Oltora verkündete, dass sie in Kürze weitere Ländereien einnehmen würden, eine Küstenstadt im Osten. Sie schwor jedoch, dass dies nur mit der Unterstützung der großen Klans der Berge geschehen würde, und verlangte Verhandlungen auf neutralem Boden.
Viele Klans aus den Bergen waren bereit, ihr Angebot anzunehmen. Für sie war es eine Möglichkeit, die lang ersehnte Macht und Anerkennung zu erlangen, wenn sie sich dem Feldzug anschließen würden.
Joraster hingegen war skeptisch. Er und seine Krieger hatten in den vergangenen Jahren viele fremde Späher aufgegriffen und sie als heuchlerisches, gerissenes Volk kennengelernt. Aus diesem Grund schickte er Trios in Begleitung von fünf seiner stärksten Krieger zum Treffen, damit er die Allianz ausschlagen konnte.
Die anderen Klans konnten tun, was sie wollten, aber Joraster und sein Klan würde die Herrschaft eines weit entfernten „Großgenerals“ nicht hinnehmen.
Unter der weißen Fahne des Waffenstillstands wurden er, sein Sohn und ihr Geleit verraten.
Die anderen Klans hatten sich bereits Oltora und ihrem Vorhaben verschrieben, und so wandten sich ihre Vertreter gegen Jorasters Botschafter, als Trios die Position seines Vaters bekannt gab. Der darauffolgende Kampf verlief schnell und unter viel Blutvergießen. Trios zermalmte den Schädel der Botschafterin höchstpersönlich mit bloßen Händen. Doch schon bald darauf fanden er und seine überlebenden Krieger sich in Ketten gelegt auf dem Weg in eine entfernte Stadt wieder. Dort trafen sie auch auf Joraster und den Rest ihres Klans – auch sie wurden verraten und in Ketten gelegt. Man warf ihnen allen vor, eine Rebellion angezettelt zu haben.
In der Stadt mussten diese Unglückseligen sich in den Arenen behaupten, in denen ein grauenvolles Gladiator-Fest stattfand, das auch als „Zerfleischung“ bekannt wurde.
Die Anfeuerungsrufe der blutrünstigen Zuschauer erschütterten Trios. Er beschwor seine Volksleute, sich nicht am Kampf zu beteiligen, dieser nach Blut dürstenden Meute nicht das monströse Schauspiel zu bieten, nach dem sie lechzten …
Als das Fest 21 Tage später sein Ende fand, war Trios der letzte seines Klans. Sein Vater und alle anderen seines Klans gingen bereits in der Arena unter tosendem Geschrei, Beifall und Applaus zu Boden. Das Publikum bewarf ihn mit Steinen und faulem Obst, während er sich einem Vergelter nach dem nächsten gegenübersah und dazu angestachelt wurde, wie eine Bestie zu kämpfen – und zu denken. Er tötete, vergoss das Blut jener, die ihn in der Arena nach dem Leben trachteten, bis selbst die Erinnerungen an seine Heimat vom Blut befleckt waren.
Trios war tief gesunken, als er schließlich die Gnomin Krisrie kennenlernte, eine Dienerin in den Arenen. Zunächst brüllte er nur und rannte gegen die Stäbe seines Käfigs. Er erwartete, dass sie ihn genauso fürchtete oder anstachelte wie die anderen, doch Krisrie verhielt sich anders.
Sie kehrte jeden Tag zurück und sprach freundlich und respektvoll mit ihm, bis er schlussendlich in gleicher Weise antwortete. Die Fremden hatten sich auch Krisries Heimat angeeignet. Sein Leid zu sehen, hatte Krisrie davon überzeugt, dass sie beide diese verhasste Stadt gemeinsam verlassen sollten. Flüsternd erklärte sie ihm ihren Plan durch die Käfigstäbe und zum ersten Mal seit Jahren konnte Trios an seine Heimat zurückdenken, ohne sich in den Gedanken zu vergehen, wie sie ihm genommen wurde.
Eines Abends brachte Krisrie, völlig erschöpft und blutbeschmiert, Trios den Schlüssel zu seinem Käfig. Sie hatte große Opfer gebracht, um diese Flucht zu ermöglichen, und er schwor ihr, dass er diese Schuld mehr als nur wiedergutmachen würde.
Eilig liefen sie zum Fluss, wo ein Frachtkahn auf sie wartete. Als sie an Bord gingen, sprangen jedoch Agenten aus den Schatten. Trios warf sich in den Kampf, beinah blind vor Zorn, und hörte nicht, wie Krisrie ihn immer wieder rief.
Als Trios ihre Angreifer niedergerungen hatte, war der Kahn verschwunden – und mit ihm Krisrie. Trios machte sich zu Fuß auf den Weg in den Süden. Überall suchte er nach der Dienerin, hatte aber keinen Erfolg. War sie gefangen genommen worden? Oder gar getötet? Es schien keine einzige Spur zu geben, der er folgen konnte.
Wochen später, die Flucht fast vergessen, reist Trios nun allein so still und anonym wie möglich. Seither setzt er sich für den Widerstand versklavter Gruppen ein und kämpft im Namen der Unterdrückten und Missbrauchten. Erst wenn er die Scham aus seinem Herzen vertrieben und jede Grausamkeit und Freundlichkeit abgegolten hat, will Trios seinen Zorn hinter sich lassen.
Und in jeder Stadt, durch die er zieht, fragt er seit jener Zeit nach Krisrie, seiner Retterin!
Hjall Brandson, Valadurs Vater, war ein achtsamer Händler, der seine Ware überall dort feilbot, wo es einen Hafen gab, an dem er mit seinem Schiff anlegen konnte. Oft brachte er Valadur von seinen Reisen kleinere Geschenke wie eine Puppe, einen Satz Malstifte oder andere Dinge mit, um ihm eine Freude zu bereiten als auch, um sich für seine lange Abwesenheit zu entschuldigen, welche sein Beruf mit sich brachte.
Seine Mutter Marada Hasgardottir war eine angesehene Waffenschmiedin und Valadur verbrachte einen Großteil seiner glücklichen Kindheit in ihrer Schmiede, die auf einer kleinen Insel unweit der Küste stand. Dort lernte er, wie man Radschlösser feilte, Abzugsgewichte kalibrierte und sogar Waffen nach Kundenwunsch herstellte.
Als Valadur gerade 12 Jahre alt wurde, ereilte Marada die Kunde, dass das Schiff ihres Mannes Hjall samt seiner Besatzung gesunken sei und es keine Überlebenden gab – vermutlich der Anschlag von Piraten.
Dies war eine schwere Zeit für Valadur und seine Mutter, doch das Talent von Marada, Waffen und andere Schmiedeerzeugnisse herzustellen, war über die Dorfgrenzen hinaus bekannt, und in den Sammlungen vieler reicher Seefahrer fanden sich ihre maßangefertigten Äxte, Säbel oder anderes Schmiedegut. Daher waren sie nie gezwungen, Hunger zu erleiden, noch mangelte es ihnen an anderen Gütern – lediglich die Liebe eines Vaters und die Wärme des Mannes blieben den beiden verwehrt.
Oftmals wurden Maradas kunstfertigen Waffen von weniger wohlhabenden und finsteren Gestalten begehrt. Eine von jenen Gestalten war ein aufstrebender Seeräuber, den man Ragnar Skogulson nannte. Arrogant und sich seiner Macht bewusst forderte er eine prunkvolle Waffe, wie sie kein Anderer jemals besitzen würde. Widerwillig wurde eine Abmachung getroffen und genau sechs Monate später kam Ragnar zurück. Da er nicht die Absicht hatte, für seinen Auftrag zu bezahlen, vermummte er sein Gesicht mit einem schmutzigen Schal. Er kam, um sich sein “Schmuckstück“ mit Gewalt zu nehmen.
Marada hatte ihr Meisterwerk geschmiedet: Ein Skraja von hervorragender Qualität und präziser Tödlichkeit. Zu edel für seinesgleichen, befand sie, als sie sah, was für ein brutaler Pirat aus Ragnar geworden war. Erzürnt riss er die Axt mit einem Dorn an der Spitze an sich und enthauptete sie mit ihrem eigenen Werk. Dann richtete er die Waffe auf den inzwischen zum jungen Mann herangewachsenen Valadur und schlug ihn mit der flachen Seite der Axt bewusstlos. Aus reiner Boshaftigkeit setzte er die Werkstatt in Brand und schleuderte selbst die typisch thorwalsche Axt, für welche Valadurs Mutter ihr Leben lassen musste, auf den Boden, um das Erbe Maradas vom Antlitz Aventuriens vollständig auszulöschen.
Schmerzerfüllt kam Valadur zu sich. Obwohl er schwer verletzt war, schleppte er sich aus den brennenden Ruinen des Hauses, wobei er die Überreste der Waffe an seine Brust presste. Mit der Zeit heilte zwar sein Körper, doch schreckliche Albträume und nächtliches Entsetzen würden ihn noch viele Jahre quälen.
Dennoch ertrug er all dies, fest entschlossen, eines Tages Rache zu üben. Er reparierte die Waffe seiner Mutter so gut er es vermochte und sammelte so viele Informationen wie möglich über den maskierten Mörder, dessen Spuren ihn aus der Heimat führten.
Doch das war egal. Wenn er ihm erneut begegnete, würde er bereit sein.
Nachdem Valadur per Schiff zum Festland gereist war, tötete er nur Minuten, nachdem er den verzogenen Holzboden des Kais betreten hatte, zum ersten Mal. Es war ein betrunkener Pirat, der eine Gallone Rum intus hatte und auf den ein Kopfgeld ausgesetzt war. Valadur zerrte seinen Leichnam zu den Verantwortlichen, um sich das Kopfgeld abzuholen. Dann riss er noch ein halbes Dutzend weitere Steckbriefe von der Wand und machte sich auf den Weg – irgendwann wird sicherlich auch ein Steckbrief Ragnas darunter sein, dem Mörder seiner Mutter.
Nach einigen Wochen waren alle Steckbriefe abgearbeitet, und die Gauner, die das zweifelhafte Vergnügen hatten, von Valadur verfolgt zu werden, waren entweder tot oder lagen in Ketten. Schnell machte er sich in den umliegenden Spielunken, Gast- und Freudenhäusern einen Namen und er brannte darauf, eines Tages auf Ragnar zu treffen. Dieser würde ihn niemals kommen sehen. Was ist schon ein weiterer Kopfgeldjäger auf der Suche nach einem Piraten?
Die Jahre zogen ins Land und noch immer gab es keine Spur von Ragnar. Valadur wart frustriert, von Blutdurst und Rachegelüste durchtrieben gab er sich zunehmend oft dem Alkohol hin.
Auch wenn er im Grunde das Herz am rechten Fleck trägt, ist ihm inzwischen das Trinken und einstreichen von Kopfgeldern genau so wichtig, wie die Jagd nach Ragnar. Sein unstillbarer Durst nach Rache, Bier und das Blut jener, die er jagt, treiben ihn voran. Aufgrund seiner impulsiven und unvorhersehbaren Natur liebt es dieser rauflustige Trunkenbold ebenso Fässer zu zerschlagen wie auch Schädel. Dank seiner temperamentvollen Art ist es immer ein riskantes Vorhaben, mit ihm einen zu heben.
Valadur liebt kaum etwas mehr als einen feinen Schluck, doch sein massiver Körperbau hält ihn davon ab, den seligen Zustand des Rausches all zu schnell zu erreichen. Eines Nachts, als er alle Flaschen seines Vorrates geleert, aber noch immer nicht genug hatte, ging ihm ein Licht auf: Wenn Ragnar hier nicht zu finden ist, dann muss er die Gegend verlassen haben und andernorts sein Unwesen treiben!
Valadurs Suche führte ihn die Westküste entlang und von neuesten Gerüchten beflügelt machte er sich in Richtung ferner Zivilisation auf, um Ragnar ausfindig zu machen und endlich Rache zu üben.
Das Schicksal wollte es, dass die erste Menschenansammlung, die Valadurs vom Alkohol getrübten Augen erblickten, ihn als Störenfried erachteten. Er platzte in eine sich schlecht entwickelnde Verhandlung zwischen die sich verhärtenden Fronten zweier Banden. Obwohl einigen die Unterbrechung der Spannung willkommen war, reagierten anderen auf die Störung gereizt und bedachten den betrunkenen Einfaltspinsel mit Beleidigungen. Ganz seiner Natur gemäß antwortete Valadur mit einem diplomatischen Kopfstoß und trat damit eine Schlägerei los, die bislang nur in seiner nordischen Heimat ihresgleichen fand.
Als jene, die bei dieser großartigen Konfrontation zu Boden gegangen waren, endlich aufwachten, bot Valadur ihnen freundlich einen Humpen Bier als Alternative zum weiteren Kampf an – er war durstig, ausgelaugt und die Kampfeslust wart ihn unter diesen Umständen vergangen. Als ihre hitzigen Gemüter im Sud ertränkt waren, schlossen sich die beiden eben noch kurz vor einer Messerstecherei stehenden Fraktionen zusammen und legten ihre Dispute nieder. Obwohl ein Streit abgewendet werden konnte und Valadur für sein “diplomatisches Geschick“ gefeiert wurde, hatte er noch immer nicht sein Ziel erreicht. Also machte er sich wieder auf, um das weite Land, auf der Suche nach Ragnar und weiterem Kopfgeld zu durchkämmen.
Nicht heute, vielleicht auch nicht morgen, aber irgendwann bestimmt, wird Valadur Ragnars Kopf von dessen Schultern schlagen und in seinen Händen halten!
Es war schon immer ein Land voll wilder Magie, dessen lebhafte Bewohner und mächtige Geister danach streben, in Harmonie zu leben … Doch dieses friedvolle Gleichgewicht ist nicht immer einfach zu erreichen. Manchmal muss es unter Kontrolle gehalten werden!
Die Sirosa sind die selbsternannten Hüter vom heiligem Gleichgewicht. Die getreuen Akolythen des Ordens wandeln in der geistigen und der materiellen Welt, schlichten Konflikte zwischen ihnen und schreiten notfalls auch mit Gewalt ein. In ihre Reihen wurde Varic, Sohn von Daenorin Ynn-Worn, der angesehenen Faust der Schatten, geboren. Daenorin und seine Lebensgefährtin Quifina Aloreril zogen ihre Tochter im Sirosa-Orden unter der wachsamen Anleitung von Großmeister Quirel Xunne, dem Auge des Zwielichts, auf.
Wann immer seine Eltern fort mussten, sprangen andere Mitglieder des Ordens als Ersatzfamilie ein. Erwarin Shuthal, das Herz des Sturms, verbrachte viele Stunden mit dem Jungen und lehrte ihn Meditations- als auch Kampftechniken, wobei er immer betonte, dass Geschwindigkeit und Geschick wichtiger seien als Stärke. Varic war zwar kein frühreifes Kind, doch sog er das Wissen wie ein Schwamm in sich auf. Es schien klar, dass er dem Pfad seiner Eltern folgen würde – gemeinsam mit Shen Xunne, dem Sohn und Nachfolger des Großmeisters, würde er eine neue Generation anführen, die das Gleichgewicht bewahrte.
Doch das Gleichgewicht kann flüchtig sein und der Orden wurde gespalten.
Ein eigensinniger Akolyth namens Qihice Wumepha kehrte zurück und geriet mit Quirel Xunne aneinander. Schlussendlich entriss er ihm in einem blutigen Umsturz die Macht. Varic floh gemeinsam mit Quifina, Varic, Shen, Erwarin und einer Handvoll weiterer Akolythen in die Berge.
Leider waren viele zurückgeblieben.
Qihice hatte die Sirosa fast vollständig in einen gnadenlosen Orden der Schatten und Gewalt verwandelt. Doch Shen war das neue Auge des Zwielichts und hatte die Absicht, das Verlorene wieder aufzubauen. Er wollte sich wieder den drei grundlegenden Philosophien der Sirosa zuwenden: der reinen Unvoreingenommenheit, die man erreicht, wenn man die Sterne beobachtet, der Urteilsfindung im Lauf der Sonne und der Beseitigung jeglichen Ungleichgewichts, als würde man einen Baum stutzen.
Als Varic mit vierzehn mündig wurde, nahm er offiziell seine Sirosa-Ausbildung auf und war entschlossen, als neue Faust der Schatten in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.
Er war ein erstaunlicher Kämpfer und meisterte den Bō und das Kunai – Kampfstab und Wurfdolch. Obwohl er nicht die vollendeten magischen Fähigkeiten anderer Akolythen besaß, bewies er doch allen, dass er des Titels würdig war. Und mit der Zeit konnte sich sein Vater zurückziehen und dabei helfen, eine neue Generation von Akolythen zu betreuen.
Doch Varics Seele war ruhelos und seine Augen offen. Die Sirosa und der Orden der Schatten waren zwar inzwischen zähneknirschend zu einer Übereinkunft gekommen, doch er sah, dass seine Heimat weiterhin litt. Er stellte infrage, ob er wahrhaftig seinem Zweck gerecht wurde. Den Baum zu stutzen, sollte diejenigen eliminieren, die eine Bedrohung für das heilige Gleichgewicht darstellten … doch Shen drängte immer auf Zurückhaltung.
Er hielt ihn zurück. All die Mantras und Meditationen konnten seinen Geist beruhigen, doch die leeren Phrasen würden seiner Feinde nicht besiegen. Sein jugendlicher Trotz wandelte sich zu regelrechtem Ungehorsam. Er stritt sich mit Shen und vor dem gesamten Orden verkündete er das Unvermögen der Sirosa und dass all das Gerede von geistigem Gleichgewicht und Geduld kaum Wirkung zeigte. Menschen starben überall in der Welt und Varic würde das zu verhindern wissen. Er war zum Assassine ausgebildet worden. Und er würde ein Assassine sein. Er brauchte den Orden nicht länger oder zumindest dachte er dies.
Shen ließ ihn kampflos ziehen, denn er wusste, dass Varic diesen Weg allein beschreiten musste. Vielleicht würde dieser Pfad ihn eines Tages wieder zu ihnen zurückführen, aber das müsste er für sich selbst entscheiden.
Xalgrim wurde auf einer entlegenen und weithin unbekannten Insel, weit ab der „Zivilisation“ geboren, wo die letzten Angehörigen eines uralten Stammes abgeschieden vom Rest der Welt lebten. Sie wurden Ono-Kat genannt und ihre Ahnenreihe war über Generationen hinweg auf die legendären Feenvölker der entfremdeten Ebenen des Feenreichs zurückzuverfolgen – die Vorfahren aller Gnome.
Die Ono-Kat waren ein friedfertiges Volk von unvergleichlicher Empathie gegenüber dem Leben als solches. Ihre harmonische Gesellschaft fügte sich fließend ins Feenreich ein, sodass ihr Fatum – ihre spirituelle Essenz – sich durch reine Nähe mit anderen Wesen vermischen und ihnen sogar dazu verhelfen konnte, andere körperliche Formen nachzuahmen. Unter den Ono-Kat gab es keine wirklichen Geheimnisse, und so lebten sie in völliger Harmonie miteinander, als auch mit der sie umgebenden Natur.
Xalgrim war immer ein fürsorglicher und zutiefst einfühlsamer Geselle gewesen. Er lebte gleichermaßen in seinen wunderlichen Tagträumen und in der Wirklichkeit. Es war für ihn nicht ungewöhnlich, einfach durch die Landschaft zu stolpern, ohne zu bemerken, wohin ihn seine kleinen Beine eigentlich trugen.
Für Fremde ist es aufgrund seiner oftmals fremdartigen Denk- und Handlungsweise eine ungemein frustrierende Aufgabe, ihn immer zu verstehen zu versuchen. In der einen Minute lacht und kichert er mit kindlicher Freude über die Form einer bestimmten Wolke oder präsentiert seine umfangreiche Kollektion von Insektenköpfen, nur um in der Nächsten eine fröhliche Melodie zu summen, während er sich aus reiner Neugier, schultertief in den Eingeweiden eines herumliegenden Kadavers suhlt.
Er besitzt nur wenig Geduld für Dinge, die er bereits erlebt hat. Die Mehrheit würde Ihn sowohl als treuen Begleiter als auch eine gefährliche Unbekannte – oftmals beides gleichzeitig – ohne jegliche böswilligen Ambitionen beschreiben.
Xalgrim glaubt nicht, dass es moralisch falsch ist, mit Gegenständen anderer umzugehen, obwohl die Gewohnheit ihn gelegentlich in erhebliche Schwierigkeiten mit dem Besitzer eines Objekts bringen kann. Er hat einfach ein geringes Konzept des Geldwerts. Jedoch widersetzt er sich vehement dem tatsächlichen Diebstahl und betrachtet es als große Beleidigung seiner Würde, als Dieb bezeichnet zu werden.
Seine grundlegenden Moralvorstellungen und Denkweisen sind undurchschaubar und sein Sinn für Humor gleichzeitig kreativ und verstörend. Für die meisten ist er jedoch einfach irgendein chaotisches Wesen namens Xalgrim … und genaueres Nachfragen bedeutet nur, eine nahende Katastrophe heraufzubeschwören.
Als Xalgrim noch sehr jung war, entwickelte er eine Vorliebe für Versteckspiele und verbarg gelegentlich Schmuckstücke, Handwerksmaterialien oder andere Nutzgegenstände, einfach nur, um zu sehen, ob andere diese finden konnten. Seine Wissbegierde kannte keine Grenzen und er war schlichtweg rein und unschuldig in seinem Dasein.
Doch leider sollte das nicht so bleiben. Die vermeintlich kultivierte Hochmagie Machthungriger aus fernen Ländern forderte ihren Tribut. So lauerte ein Kataklysmus am Horizont, der die Insel der Ono-Kat vollends zu zerstören drohte.
Dank der schnellen Reaktion und der Selbstaufopferung der Ältesten der Ono-Kat, entkam eine Handvoll Kinder und Jugendlicher des Stammes, so auch Xalgrim, dem Untergang ihrer Heimat. In der Eile wurde Xalgrim die Gestalt eines Vogels auferlegt und in dieser floh er vor der schwelenden Zerstörung. Dabei spürte er, wie die Schreie seines Volks, sich in der ätherischen Kluft zwischen den Welten verloren.
Tage später stürzte Xalgrim verzweifelt und erschöpft ins Meer. Unbewusst nahm er wieder seine natürliche Gestalt an, klammerte sich an Treibholz und war der Willkür der Strömungen ausgeliefert, bis irgendwann eine merkwürdige Silhouette vor seinen Augen aufstieg. Er nahm Stimmen wahr, die ihm die Wellen entgegentrugen, und so schwamm er mit letzter Kraft auf das seltsame Gebilde zu.
Die verbliebenen Kraftreserven mobilisierend, kroch Xalgrim an Bord eines – wie sich herausstellte – Handelsschiffs, das unterwegs in den nächsten Hafen war. Xalgrim ruhte sich aus, wo es nur ging. Seine Träume zeigten ihm oftmals vereinzelte, traurige Echos und Bilder aufragender toter Bäume, die irgendwo hinter einem zerbrechlichen Horizont standen …
Als Xalgrim das Schiff verließ und die Stadt vor ihm betrat, fand er sich in einer merkwürdigen und fremden neuen Welt wieder. All seine Sinne prickelten. Viele Kreaturen, selbst andere Ono-Kat, hätten in dieser Situation womöglich Angst verspürt – nicht aber Xalgrim, dafür war er schlicht zu wissbegierig, neugierig und vor allem naiv. In dieser Gesellschaft tummelten sich einzigartige Persönlichkeiten, Fremde mit einer unglaublichen Vielfalt an Absichten und Gestalten. Dies war ein Ort zahlloser Geschichten und Erfahrungen und er war vollkommen fasziniert davon.
Xalgrim war noch nicht weit gekommen, als er von einem ruppigen Seemann namens Krete, der bereits offenkundig seine besten Jahre hinter sich hatte, entdeckt wurde. Xalgrim konnte nicht jedes seiner dialektbehafteten und im Vollrausch gemurmelten Worte verstehen, aber er wollte wissen, welchem Stamm er angehörte. Daher benutzte Xalgrim schier endlose Gesten, welche auch als Grimassen hätten gedeutet werden könne, seine Hände und Füße, um dessen Ausdruck nachzuahmen und so seine friedlichen Absichten deutlich zu machen. Krete schien dies jedoch überhaupt nicht zu gefallen und so schlug dieser Xalgrim mit geballter Faust direkt ins Gesicht, woraufhin er kopfüber im Dreck der Gosse landete. Überwältigt von seinen finsteren Gedanken und Handlungen, rannte Xalgrim, ohne weiter darüber nachzudenken, in die Menge, bis er entkommen war.
Umgeben von Unmengen an Unrat, zahllosen kleinen und zugleich süßen Nagetierchen, in einer Seitengasse, rang Xalgrim mit seinen jüngsten Erfahrungen. Er konnte einfach nicht begreifen, wie jemand so reagieren konnte. Das war so … unfassbar, unverständlich, erschreckend und faszinierend zugleich!? Als er sich wieder gesammelt hatte, wusste er nicht einmal mehr, ob indes eine einzelne Stunde oder gar Tage vergangen waren.
Seit dieser Erfahrung schreckt Xalgrim davor zurück, die Wahrheiten über die Ono-Kat, seine Geschichte oder Gefühle anderen anzuvertrauen, doch spürte er zugleich eine tiefe Leere in sich, welche er so noch nie zuvor erlebt hatte.
Trotz, oder gerade wegen all der Aufregung, begann Xalgrim allmehlich, seine Heimat zu vermissen und innerlich zu betrauern. Er beschloss, zurückzukehren und alles wiederaufzubauen, doch er musste erkennen, dass weder er, noch irgendwer sonst den Weg wusste und dass er niemandem mehr genaueres über die Ono-Kat berichten wollte, machte die Situation nicht wirklich entspannter.
Dennoch machte Xalgrim sich unbeirrt auf den Weg. Er war sich sicher, dass sich die Route zurück in die geliebte Heimat, so wie das alte Feenreich selbst, ständig wandelte und deshalb ein Weg so gut war, wie jeder andere. Er ging jederzeit einfach in die Richtung, die ihm gerade gefiel, dabei auch oftmals mehrere Tage im Kreis, und begab sich sogar in vermeintlich furchtbare Gefahr, wenn diese nach Spaß aussah, denn seine Frohnatur gewann wieder an Kraft und kehrte zu ihm zurück. Seine Reisen führten ihn nach Nah und Fern, und in seinen Fußstapfen schienen stets Magie, Missgeschicke und Chaos zu folgen.
In einer entlegenen Stadt befreite er eine Gruppe privilegierter Kinder aus ihrem langweiligen Schulunterricht, als der Lehrer kurz den Raum verließ und führte sie alle auf eine nahegelegene Wiese. Ihr Spiel endete darin, dass ihre verzweifelt nach ihnen suchenden Eltern und die örtliche Miliz, sie letzten Endes auch fanden. Als Dank für diesen besonderen Tag, wurde Xalgrim sogar eine Woche kostenloser Aufenthalt und Verpflegung innerhalb der örtlichen Strafvollzug gewährt. Doch die Wachen schienen schwer von Begriff, denn Xalgrim langweilte sich bereits nach wenigen Stunden, doch ließen sie ihn erst nach Ablauf der vollen Woche wieder raus – vielleicht hatten sie einfach nur den Schlüssel verlegt und es war ihnen unangenehm, dies einzugestehen – Xalgrim nahm es ihnen nicht übel, sondern drückte sie alle nochmals liebevoll zum Abschied.
In den Grenzgebieten zweier rivalisierender Stämme fand Xalgrim es ausgesprochen komisch, die Waffen beider Parteien während der Nach durch Blumen zu ersetzen – der Waffen entledigte er sich kurzerhand an einem See. Das führte zu absolutem Chaos und Verwirrung – Xalgrim hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß wie an jenem Tag!
In letzter Zeit irrt er fröhlich durchs Umland, spielt mitten in den Wäldern und treibt mit verwirrten Wegelagerern seine Possen. Er findet nämlich, dass diese viel ernster sind, als es gut für sie ist.
Xalgrim möchte zwar immer noch in seine Heimat zurückkehren und vermisst sie nach wie vor, aber er ist glücklich, denn jeder Tag bringt weitere Gelegenheiten für Abenteuer und Spaß mit sich.
Außerdem ist ihm klargeworden, dass er einen Teil der alten Heimat im Herzen trägt, wo auch immer er hingeht.